Werben wie wir

Kein öffentlich-rechtlicher Sender im deutschsprachigen Raum verdient mit Werbung, gemessen am Umsatz, so viel Geld wie der ORF. Bei der Mischfinanzierung aus Rundfunkgebühren und Werbeeinnahmen sind Konflikte vorprogrammiert.

Text: Sahel Zarinfard; Mitarbeit: Markus Hametner

ORF27.3.2023 

Wer nicht nur hören will, kann auch sehen – so könnte der Werbeslogan für das neue ORF-Digitalangebot lauten: »Ö3-Live/Visual«, eine Art MTV mit öffentlich-rechtlichem Anstrich. Neun Jahre hat es gedauert, um die Regulierungsbehörde Komm Austria zu überzeugen: 2014 ist der ORF erstmals vorstellig geworden, um »Ö3-Live/Visual« absegnen zu lassen. »Das Angebot wird nicht speziell vermarktet«, betont der ORF gegenüber der Behörde. Im Live-Player soll außerdem »keine Onlinewerbung eingespielt werden«, heißt es in dem im Februar 2023 ausgestellten Bescheid. 

Es ist ein außergewöhnlicher Vorgang. Nicht nur, weil das Verfahren so lange gedauert hat, sondern auch, weil der ORF bei dem neuen Angebot auf Werbung verzichtet. Wer sich ähnliche Anträge durchliest, sieht, wie wichtig Werbung für den ORF ist. Etwa bei der im Juli 2015 von der Komm Austria genehmigten Radiothek: Video- und Audiowerbung vor jeder Sendung, zwischen zwei Beiträgen und Bannerwerbung auf der Website. »Das mit der geplanten Vermarktung der Radiothek erzielbare Umsatzpotenzial veranschlagt der ORF mit etwa 70.000 Euro pro Jahr«, steht im Bescheid – bei Gesamtkosten von rund 533.000 Euro.

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