Geschenke für die Autobauer

Die TV-Sendung »Autofocus« wurde früher direkt von der Autolobby gesponsert. Heute wird auf Kosten der Gebührenzahler·innen Werbung für die großen Kfz-Marken und ihre Zulieferer gemacht.

Text: Ashwien Sankholkar; Illustration: Daniel Seex

ORF27.3.2023 

»Früher war es nicht so kompliziert«, sagt Ronald Rockenbauer. Als Geschäftsführer der Pubbles Film GmbH produziert er die Sendung Autofocus im Auftrag des ORF. Seit 2011 ist sie der Traum der Auto­lobby: eine als Servicemagazin getarnte TV-Revue mit Pkws, Lkws und Co, in der die Präsentation von Automarken zur Sendungs-DNA gehört. Mittwochs kurz vor der ZiB 2 um 22 Uhr gehen die rund fünfminütigen Beiträge on air. »In früheren Zeiten durften Fahrzeuge von vorne gefilmt werden«, sagt Rockenbauer zu DOSSIER. Es war wertvolle Werbung für die Automobilindustrie, für die sie einst selbst bezahlte. Heute seien frontale Zooms untersagt, Logos müssten öfter verpixelt werden, und Geld dürfe dafür auch nicht mehr fließen. Dennoch geht die verdeckte Leistungsschau weiter. Der ORF sendet weiterhin hart an der Grenze des Gesetzes und verteilt so Geschenke an die Autobauer.

Lange scherte man sich im ORF wenig um das exzessive Logo-Featuring und die geschickte Inszenierung von Automarken. Was Rockenbauer mit »früher« bezeichnet, ist noch gar nicht so lange her. Das war vor »einigen Jahren«, erinnert er sich. Seit einem Chefwechsel in der für Autofocus zuständigen ORF-Redaktion soll aber genauer hingeschaut werden: »Seither müssen wir Logos unkenntlich machen.« Doch dabei dürfte das neue ORF-­Regime auch nicht allzu streng sein, wie ein DOSSIER-Streifzug durch die Sendungshistorie zeigt. In der Folge Nachhaltig in die Zukunft vom 21. Dezember 2022 sind beispielsweise BMW, ­Hyundai und Renault erkennbar. Bizarr wirkt die Befragung von Roland Punzengruber. Als Vertreter eines »Automobilherstellers« darf er das »Click to buy«-Konzept erklären: »Per Direktüberweisung, per Leasing oder per Kreditfinanzierung« sei Autokauf nun möglich. Und weiter: »24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche online bestellen und nach nur wenigen Tagen das Auto beim Händler übernehmen.« Was das in einem Beitrag über Kreislaufwirtschaft zu suchen hat? Wohl eher wenig. Trotzdem erhält Punzengruber 25 Sekunden Redezeit. ­Punzengrubers Job? Hyundai-Österreich-Chef.

Punzengruber war, wie er DOSSIER sagt, selbst überrascht, in der Autofocus-Sendung über Nachhaltigkeit vorzukommen: »Eigentlich habe ich Pubbles im Sommer ein Interview zum Thema Carsharing und zum Hyundai-Abomodell gegeben.« So oder so, Hyundai hat sich eine Menge Geld erspart: Laut ORF-Tariftabelle kostet eine Sendesekunde am Mittwoch vor der ZiB 2 zwischen 235 und 400 Euro. »Über 250 Folgen mit durchschnittlichen Quoten von rund 450.000 Sehern (mit Spitzen von über 770.000 Zuschauern) dokumentieren den großen Erfolg dieser Sendereihe«, heißt es auf der Pubbles-Film-Website. Und: »Wir kreieren maßgeschneiderte Lösungen, die in klassischen Preislisten und Verkaufsfoldern nicht zu finden sind.« Da hört man die Ausbildung von Autofocus-Macher Rockenbauer durch – er hat Management und  Marketing mit Fokus auf Werbepsychologie studiert.

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