Schwarze Geldflüsse

Die oberösterreichische Volkspartei besitzt als einzige Partei der Republik eine Tageszeitung. Das »Volksblatt« ist Parteiorgan und Geldmaschine zugleich. Denn das ÖVP-geführte Land und seine Unternehmen pumpen unverhältnis­mäßig viel Steuergeld in die Zeitung – besonders in Wahljahren.

Politik und Medien17.10.2022 

Text: Sahel Zarinfard
Datenanalyse: Markus Hametner
Illustration: Ūla Šveikauskaitė

»Einen Karotten-Smoothie hat sich Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander gegönnt« – worüber das Oberösterreichische Volksblatt Anfang April 2022 berichtet, hat dünnen Nachrichtenwert. Auf einem Foto sieht man die ÖVP-Politikerin, wie sie aus einem Strohhalm mit einem Schmetterling darauf den orangen Saft trinkt. Anlass der Meldung: Es ist Welt-Karotten-Tag, und der ist Haberlander offenbar ein Anliegen: »Karotten zählen zu meinem Lieblingsgemüse. Sie sind gesund und schmecken wirklich gut, am besten von unseren heimischen Bäuerinnen und Bauern«, sagt sie. Schmeichelhafte »Nachrichten« über die oberösterreichische ÖVP (OÖVP) stehen im Volksblatt auf der Tagesordnung. Alles andere würde überraschen: Die Zeitung gehört zu 100 Prozent der Partei. Täglich wird über jedes noch so kleine Ereignis rund um die ÖVP berichtet. Dafür muss die Redaktion, die 29 Mitglieder zählt, nicht einmal die Mühen des journalistischen Handwerks auf sich nehmen. Sie greift einfach und ohne viel Aufwand auf Social-Media-Postings von ÖVP-Politiker·innen zurück und druckt sie ab, wie im Fall von Haberlander und dem Welt-Karotten-Tag, oder aber auf Aussendungen der Volkspartei: Diese sind auf den Websites der Partei und wortgleich im Volksblatt zu lesen. Auf Nachfrage, wie es dazu kommt, ist Chefredakteur Roland Korntner zurückhaltend. Nur so viel: »kein Kommentar«.

Es ist die Aufgabe eines Parteiblatts, positiv über die eigene Partei zu berichten. Etwas ungewöhnlich wird es hingegen bei der Finanzierung und den Eigentumsverhältnissen – insbesondere, wenn die Verantwortlichen beim Volksblatt und der OÖVP auf Biegen und Brechen behaupten, die Zeitung sei gar kein Parteiorgan. »Das Oberöster­reichischeVolksblatt ist keine Parteizeitung«, polterte etwa Korntners Vorgänger Christian Haubner im Juni 2020 in einer Aussendung, »im Gegenteil: Die Unabhängigkeit der Redaktion ist mehrfach festgeschrieben und damit garantiert«. Wer Vorwürfe in den Raum stelle, »das Volksblatt hätte etwas mit Parteienfinanzierung zu tun«, begebe sich juristisch auf dünnes Eis. »Tatsächlich ist es nicht nur falsch, sondern kommt auch einer Unterstellung eines rechtlich relevanten Tatbestandes gleich. Das ist absolut inakzeptabel. Wir werden uns daher ­künftig rechtliche Schritte vorbehalten«, heißt es weiter. Tatsächlich hat das Volksblatt ein Redaktions­statut, tatsächlich unterwirft man sich dem Ehrenkodex für die österreichische Presse. Wie Kirchen oder Banken, so die Sicht des damaligen Chef­redakteurs, betreibe in diesem Fall eben eine Partei eine Zeitung. Wozu also die ganze Aufregung?

Exklusiv für Mitglieder

Werden Sie Mitglied und unterstützen Sie unabhängigen Journalismus!

Sie erhalten die DOSSIER-Magazine des kommenden Jahres und sofort Online-Zugang zu exklusiven Geschichten.

Mehr erfahren

Mitglied werdenund alle Artikel lesen