Über die Recherche

61 Journalisten, 32 Länder: So haben wir recherchiert.

Geldwäsche20.3.2017 

Damenjacken, Computerzubehör, Autoersatzteile: Die Liste an Transaktionen, zu der DOSSIER im Herbst 2016 Zugang erhält, liest sich trivial. Die Daten zeigen, wie Unternehmen mit klingenden Namen wie Crystalord Limited, Valemont Properties LTD und Westburn Enterprises Limited Geld nach Österreich überweisen – zwischen 2012 und 2014 landen rund 4,1 Millionen Euro auf österreichischen Konten.

Unter den Empfängern sind Möbelhändler, Bekleidungshersteller, ein börsennotierter Rohstoffhändler; auch Privatpersonen, eine Schule und ein Gericht finden sich in der Datenbank, der dem investigativ-journalistischen Netzwerk Organized Crime and Reporting Project (OCCRP) und der regierungskritischen russischen Zeitung Novaya Gazeta zugespielt worden ist. Die Quellen wollen anonym bleiben.

Die Russische Waschmaschine

19,38 Milliarden Euro

21 Briefkastenfirmen

96 Länder

Mehr als 70.000 Überweisungen

Österreichs Anteil

4.128.392 Euro

88 Transaktionen

32 Empfänger

Dass die Journalistinnen und Journalisten die Daten erhielten, ist das Ergebnis jahrelanger hartnäckiger Recherchen zu einem Geldwäsche-Netzwerk, das als Russische Waschmaschine (The Russian Laundromat) bekannt ist: Mehr als 19 Milliarden Euro wurden über dubiose Kanäle aus Russland, über Moldawien in die EU geschleust – lange Zeit unbehelligt von den Behörden. Doch wohin ist das Geld geflossen? Und was wurde damit bezahlt?

Die Journalisten von OCCRP entschieden, die Datenbank zu teilen und ein internationales Konsortium von Investigativjournalisten – beteiligt sind unter anderem die Süddeutsche Zeitung und der Guardian – an Bord zu holen. Seit rund einem Jahr ist DOSSIER Mitglied bei OCCRP, also gingen wir den Spuren nach, die nach Österreich führten.

Insgesamt tauchen 88 Transaktionen zu 32 Empfängern in Österreich in der Datenbank auf. In den vergangenen Monaten gingen wir allen Überweisungen nach. Die Recherche führte uns zu großen und kleinen Unternehmen. Wir waren mit Litigation-PR-Kanzleien in Kontakt; fuhren zum Büro eines internationalen Handelsunternehmens, das sich als leerstehend entpuppte. Während manche der Empfänger ungläubig reagierten, drohten andere sofort mit Klagen. 

Die meisten der österreichischen Empfänger dürften ohne ihr Wissen Teil des Netzwerks der mutmaßlichen Geldwäscher geworden sein. Sie erzählen von „völlig üblichen Geschäfte mit russischen Kunden“ – wer ihre Kunden waren, wollen aber die wenigsten verraten. Einige verweisen auf langjährige Geschäftsbeziehungen und geben an, die dazugehörigen Dokumente den zuständigen Behörden jederzeit vorlegen zu wollen. Doch warum erhielten und akzeptierten sie Zahlungen von Briefkastenfirmen, die ihnen nach eigenen Angaben oft selbst unbekannt waren? Und wie konnten die Zahlungen trotz Geldwäsche-Präventionsmaßnahmen überhaupt durchgeführt werden?

DOSSIER hat in Österreich recherchiert und mit Journalisten aus Tschechien, Lettland, Russland, Deutschland, Großbritannien und den USA zusammengearbeitet, um diese und weitere Fragen zu klären. Die Ergebnisse lesen Sie in den nächsten Tagen auf DOSSIER und auf den Seiten unserer Kooperationspartner.

Über OCCRP

Das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP)  ist eine investigativjournalistische Plattform mit Fokus auf Osteuropa und Russland. Es finanziert sich aus Spenden sowie Zuwendungen institutioneller Geldgeber, wie dem US-Außenministerium und Google. Seit Frühjahr 2016 ist DOSSIER Mitglied des OCCRP-Netzwerkes.

Über die Russische Waschmaschine 

Aus dem russischen Staatshaushalt abgezweigtes oder mit Drogen- und Waffenhandel verdientes Geld hinein, sauberes Geld hinaus – so funktioniert die Russische Waschmaschine. Mithilfe von moldawischen Gerichten wurden mehr als 19 Milliarden Euro legitimiert, in die Europäische Union geschleust und von dort in der ganzen Welt verteilt.