Trick 17

Wie sammelt man Inseratengelder ein, ohne sie offenlegen zu müssen? ­Wolfgang Sobotka zeigt es vor.

Text: Eja Kapeller; Daten: Markus Hametner; Visualisierung: Jakob Listabarth

Wolfgang Sobotkas Schule der Macht16.9.2024 

Für Politiker·innen sind Inserate wie Geldscheine. Man kann mit ihnen wohlwollende Berichterstattung kaufen. Mit Inseraten lassen sich aber auch eigene Projekte finanzieren: nämlich dann, wenn Unternehmen in Publikationen von Politiker·innen inserieren. Das weiß Wolfgang Sobotka.

Als er 2012 das Alois-Mock-Institut gründet, findet Sobotka schnell Unternehmen, die bei Veranstaltungen kooperieren und später in der Vereinszeitschrift Report Inserate schalten. Neben dem Glücksspielkonzern Novomatic waren das vor allem Unternehmen im Eigentum beziehungsweise im Teileigentum des Landes Niederösterreich. 

DOSSIER hat alle online auffindbaren Ausgaben des Reports erhoben – da der Verein die gesetzliche Ablieferungspflicht an die Nationalbibliothek nicht beachtet hat, ist es keine Vollerhebung aller Ausgaben. Die verfügbaren Daten zeigen: Inserate des Energiekonzerns EVN machten 36,4 Prozent des gesamten Werbevolumens von 2016 bis 2019 aus, jene der Hypo Niederösterreich acht Prozent.

Eigentümervertreter in beiden Fällen war in seiner Zeit als Finanzlandesrat, später Landeshauptmannstellvertreter Wolfgang Sobotka. Wie viel Geld Unternehmen des Landes an den Verein des früheren Landespolitikers überweisen, wird erst rund um den sogenannten Ibiza-U-Ausschuss öffentlich.

Eigentlich zielt das Parteiengesetz seit 2012 ­darauf ab, Inserate in Publikationen von Parteien oder ihren Teilorganisationen transparent zu machen. Inserate ab einem gewissen Betrag müssen deshalb in den Rechenschaftsberichten der Parteien ausgewiesen werden.

In Sobotkas Netzwerk findet man für dieses Problem aber eine Lösung: den Trick 17, der die Geldflüsse in Form von ­Inseraten verschleiert. Es ist ein Kniff, der in Sobotkas politischer Heimat Tradition hat: beim Niederösterreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund, kurz NÖAAB. 

Verschleierte Geldflüsse

Der mächtige Bund verlegt sein Mitgliedermagazin Arbeiten für Niederösterreich nicht selbst, sondern über einen privaten Verein, den Niederösterreichischen Pressverein. Die Verflechtungen sind eng: Während Sobotka dem NÖAAB von 2010 bis 2020 als Landesobmann vorsteht, führen Bernhard Ebner und später Sandra Kern nicht nur die Geschäfte des NÖAAB, sondern auch jene des Pressvereins.

Landesfinanzreferentin Angela Stransky ist gleichzeitig Vereinsobfrau. Und auch Wolfgang Sobotka war sechs Jahre im Pressverein aktiv, drei davon als Präsident des NÖAAB. 

Mit Erlass des Parteiengesetzes im Jahr 2012 hat diese komplizierte Konstruktion einen entscheidenden Vorteil. Weil Arbeiten für Niederösterreich nicht vom NÖAAB selbst herausgegeben wird, sondern vom Pressverein, mussten Inserate im Mitgliedermagazin einer der ÖVP-Teilorganisationen nicht offengelegt werden. 

Dass auf diesem Weg Geld am Parteiengesetz vorbei ins NÖAAB-Magazin geflossen ist, hat DOSSIER bereits 2018 und 2022 berichtet. Neue Erhebungen zeigen, in welchem Ausmaß Unternehmen jahrelang im Parteimagazin geschaltet haben: etwa die Niederösterreichische Versicherung, die zu 100 Prozent im Eigentum der Landwirtschaftskammer Niederösterreich steht.

Seit 2007 inserierte sie im Umfang von 59 Seiten. Die Arge Wohnen, ein Zusammenschluss niederösterreichischer Wohnbaugenossenschaften, schaltete 40 Seiten, die WET-Gruppe (früher NÖ Wohnbaugruppe) rund 45 Seiten. Insgesamt machten Schaltungen von Wohnbaugenossenschaften im Magazin rund 180 Seiten aus. Das dürfte kein Zufall sein.

Als Landesrat war Sobotka von 2005 bis 2016 für den Wohnbau zuständig. Der Geschäftsführer der WET-Gruppe ist später Christian Rädler, sein ehemaliger Büroleiter. Und Rädlers Vorgänger bei der NÖ Wohnbaugruppe war wiederum NÖAAB-Landesgeschäftsführer, der nun für den Pressverein kassiert. 

Auch die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, die im Umfang von 29,5 Seiten inserierte, hat gute Beziehungen zum Verein und zur Partei: NÖAAB-Finanzlandesreferentin und Vereinsobfrau des Pressvereins Angela Stransky leitete einst die Geschäfte von zwei Raiffeisen-Töchtern. Zu den treuesten Werbekunden des Magazins zählt auch die Markas GmbH, eine private Firma, die in einem anderen politischen Einflussbereich Sobotkas tätig ist.

Markas führt Patientenbetreuung, Transporte und Reinigungen durch – für Kliniken der NÖ Landesgesundheitsagentur, für deren Vorgängerorganisation Sobotka bis 2013 politisch verantwortlich war. Auf Anfrage streitet die Geschäftsführung einen Zusammenhang zwischen Sobotkas politischem Mandat und den Inseratenschaltungen der Firma ab. Markas inserierte übrigens auch im Report.

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