Der Mann fürs Grobe

2016 platzte Wolfgang Sobotkas Traum, Landeshauptmann zu werden. Stattdessen wurde er ins Innenministerium beordert – eine Entscheidung mit tiefgreifenden Folgen für Österreich.

Text: Julia Herrnböck

Wolfgang Sobotkas Schule der Macht16.9.2024 

Einmal Landeshauptmann oder Landeshauptfrau sein –davon träumt wohl so manche·r Landespolitiker·in. Besonders wenn man so nah dran ist wie Wolfgang Sobotka. Lange sieht es so aus, als könnte er Erwin Pröll (ÖVP) als Landeshauptmann von Niederösterreich nachfolgen. Doch Pröll hat andere Pläne.

2016 stellt er die Weichen – und entscheidet sich nicht für seinen Stellvertreter, sondern für ­Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die seit 2011 ­Innenministerin ist. Sobotka geht nach Wien, Mikl-Leitner kehrt nach Sankt Pölten zurück. »Innenminister zu werden war nicht Sobotkas politisches Ziel«, sagt Kurier-Chefredakteur Martin Gebhart im  Gespräch mit DOSSIER, »er wollte Landes­hauptmann werden.«

Dass Sobotka Prölls Entscheidung geschmerzt haben dürfte, erzählt Klaus Schneeberger, von 2000 bis 2023 Klubobmann der ÖVP Niederösterreich. »Um es klipp und klar zu sagen: Es ist ihm nicht leichtgefallen. Ich habe oft mit ihm darüber diskutiert.« Für Pröll sei entscheidend gewesen, dass ihm mit Mikl-Leitner eine Frau nachfolgen würde – allerdings nicht aus einem feministischen Motiv.

Pröll habe befürchtet, dass seine Fußstapfen für Sobotka zu groß sein könnten. Außerdem würde eine Frau »die Vergleichbarkeit mit Pröll nicht mit sich bringen, was für die Entscheidung der Nachfolge ganz wesentlich ist«, sagt Schneeberger. Pröll war trotz mehrmaliger Anfragen für ­DOSSIER nicht erreichbar. Wolfgang Sobotka springt jedenfalls – ganz Parteisoldat – in seine neue Rolle und zieht in die Herrengasse in Wien.

»Der hat von einer Minute auf die andere den Schalter umgelegt«, erinnert sich Schneeberger. Sobotkas Loyalität und sein Gespür für Macht kommen zur rechten Zeit. Als ihn Bundespräsident Heinz Fischer am 21. April 2016 als Innenminister angelobt, ahnt die Öffentlichkeit nichts von dem Coup, an dem eine kleine Gruppe rund um den damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) schon bald im Geheimen zu arbeiten beginnen wird.

Erst eineinhalb Jahre später, im September 2017, wird das »Projekt Ballhausplatz« über den Falter publik. So bezeichnen Kurz und seine Verbündeten den Plan, den damaligen ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner loszuwerden, Neuwahlen herbeizuführen und Kurz schließlich ins Bundeskanzleramt zu ­hieven – was ihnen am Ende gelingt.

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