»Klopf, klopf – Sobotka ist da!« So ging es einigen Wiener Neustädter·innen im Jänner 2015. Kurz vor der Gemeinderatswahl kam Landesrat Wolfgang Sobotka in die zweitgrößte Stadt Niederösterreichs, um für seinen Parteifreund Klaus Schneeberger Hausbesuche zu machen.
Die inoffizielle Wahlhilfe war da schon lange angelaufen. Die ÖVP-Landesregierung setzte alle Hebel in Bewegung, um ihren Klubobmann Schneeberger zum Bürgermeister zu machen und die rote Hochburg politisch umzudrehen.
Die Landespolitik spielt in den Gemeinden eine wichtige Rolle: Förderungen des Landes können darüber entscheiden, ob Projekte realisiert oder Infrastruktur, etwa eine Schule, erneuert werden kann. All das kann Einfluss auf den Wähler·innenwillen haben – deshalb wäre es unfair, jene Gemeinden zu bevorzugen, in denen die eigene Partei regiert.
Das wusste Wolfgang Sobotka schon, als er 1998 vom Bürgermeister zum Finanzlandesrat wurde. Hat seine Heimat Waidhofen an der Ybbs nun einen Fürsprecher in der Landesregierung? Keineswegs, sagt Sobotka damals im Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten: »Es darf keine Bevorzugung geben: In meiner neuen Funktion habe ich dem ganzen Land zu dienen.«
Doch DOSSIER-Recherchen deuten darauf hin, dass Sobotka in den Jahren darauf mit dieser Regel gebrochen hat – und so geholfen hat, die rote Hochburg Wiener Neustadt zu erobern.
70 Jahre lang regierten sozialdemokratische Bürgermeister in Wiener Neustadt – bis 2015. Die Sozialdemokraten hätten es mit ihren Ideen beim Land schwer gehabt, erzählt ein Mitglied der letzten roten Stadtregierung, das anonym bleiben will. Vorhaben wie das Hallenbad Aqua Nova seien mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt worden.
Finanzlandesrat Sobotka habe das rote Wiener Neustadt als »Feindesland« betrachtet, ist er sich sicher. Projekte, die sich »die Schwarzen« auf die Fahnen geschrieben hätten, seien hingegen großzügig unterstützt worden – ob Bahnunterführung oder Krebsforschungszentrum.
Der damalige Vizebürgermeister Klaus Schneeberger – in Wiener Neustadt kurz »Schnee« genannt – brüstet sich im Wahlkampf 2015 mit seinen erfolgreich geförderten Projekten und wirbt mit seinen Verbindungen zum Land. Doch bei der Wahl am 25. Jänner 2015 reicht es für die ÖVP nur für Platz zwei – deutlich hinter der SPÖ. Doch »Schnee« gibt sich damit nicht zufrieden.
Der SPÖ-Amtsinhaber Bernhard Müller eröffnet ihm eine Möglichkeit: Müller, der bei der Wahl erstmals die Absolute verliert und aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Stadt und eines Mietskandals rund um SPÖ-Parteilokale unter Druck steht, tritt zurück. Schneeberger nutzt die Chance, um als Zweiter trotzdem Bürgermeister zu werden, und schmiedet eine »bunte« Stadtregierung mit Grünen, FPÖ und zwei Bürgerlisten.
Doch im Stadtsenat hat er keine Mehrheit, könnte von der SPÖ blockiert werden. Wieder hilft die Landespartei.
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