Wohnen Sie im Gemeindebau?

Wohnen Sie im Wiener Gemeindebau? Dann sind Sie hier richtig. Wir untersuchen Ihre Hausverwaltung.

Wohnen17.8.2015 

Dann betrifft Sie dieses DOSSIER unmittelbar. Seit Wochen recherchieren wir zu Wiener Wohnen. Wir sind in Gemeindebauten unterwegs und treffen engagierte Mieterinnen und Mieter; wir sammeln Abrechnungen, studieren Gerichtsunterlagen und versuchen mit unserer Recherche im Wesentlichen eine Frage zu beantworten: Sollten Sie weniger bezahlen?

Unsere Recherche setzt bei den Betriebskosten an. Gerade hier laufen die Interessen nämlich auseinander: Aus Sicht der Vermieterin sind Betriebskosten Durchlaufposten. Sie werden an die Mieter weitergereicht und müssen von diesen bezahlt werden. Oft führt das zu Streit und gar zu langwierigen Gerichtsverfahren, wenn nicht ordentlich abgerechnet wird.

"Eindruck mangelhafter Sorgfalt"

Vor rund drei Jahren prüfte das Kontrollamt (heute der Stadtrechnungshof) die Verrechnung der Betriebskosten durch Wiener Wohnen. Neun Gemeindebauten wurden damals im Detail unter die Lupe genommen. Die Prüferinnen und Prüfer griffen dabei nur auf jene Unterlagen zurück, die einfachen Mieterinnen und Mietern jedes Jahr bei der Rechnungseinschau zur Verfügung stehen. Damit scheinen die Experten des Kontrollamts Mühe gehabt zu haben, sie hielten in ihrem Bericht fest:

„Vor allem die oftmals missachtete zeitliche Abgrenzung der Kosten und der Ausweis schwer nachvollziehbarer Datenbestände dürften auch bei interessierten Mieterinnen bzw. Mietern zumindest den Eindruck mangelhafter Sorgfalt von Wiener Wohnen gegenüber ihren Kundinnen bzw. Kunden erweckt haben.“

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht war das Ergebnis der Prüfung alles andere als gut: Bei manchen Posten, etwa der Entrümpelung, zeigten sich Preissprünge von mehr als 50 Prozent im Beobachtungszeitraum (2006–2011). Wiener Wohnen wurde daher empfohlen, eine „detaillierte Untersuchung aller verrechneten Betriebskosten“ durchzuführen, wienweit.

Hohe Betriebskosten im Wiener Gemeindebau

Weil es bei Verrechnungen immer wieder zu Fehlern kommt, empfiehlt selbst Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), nicht jeder Abrechnung zu vertrauen, sondern diese besser zu kontrollieren. In der aktuellen Ausgabe von „wien.at“, dem Informationsblatt der Stadt, das an alle Wiener Haushalte geht, sagt er: „Wie Erfahrungen zeigen, kommt es leider immer wieder vor, dass Hausverwaltungen Mieterinnen und Mietern zu viel verrechnen.“ 

Doch gerade die Hausverwaltung, für die Ludwig politisch verantwortlich ist, dürfte am teuersten sein: Wiener Wohnen, mit 220.000 Wohnungen die größte Hausverwaltung Europas. Nach aktuellen Zahlen der Statistik Austria sind die Betriebskosten in Wiener Gemeindewohnungen im österreichweiten Vergleich (und im Vergleich mit Genossenschafts- und Privatwohnungen) am höchsten. Im Jahr 2014 lagen sie im Schnitt bei 2,4 Euro pro Quadratmeter und Monat. Sie machten somit 40,8 Prozent der gesamten Wohnungskosten im Gemeindebau aus.

Hinweis: In der ursprünglichen Grafik ist uns ein Fehler unterlaufen, er wurde behoben.

Bei Wiener Wohnen sieht man das anders. Der durchschnittliche Wert der Betriebskosten pro Quadratmeter und Monat betrage 2,13 Euro, schreibt Pressesprecherin Renate Billeth auf Anfrage. Und: „Das Verhältnis sagt nichts darüber aus, ob die Betriebskosten zu hoch sind, sondern vielmehr, ob ich günstige oder teure Hauptmietzinse verrechne.“

Damit kann die Pressesprecherin recht haben – oder auch nicht. Natürlich spielt die Höhe des Hauptmietzinses eine Rolle, doch genauso die Höhe der Betriebskosten. Aber wie hoch sind diese nun in den Wohnhausanlagen der Stadt Wien? 2,4 oder 2,13 Euro? Eine Aufstellung der Betriebskosten für jeden einzelnen Gemeindebau könnte Aufschluss bringen. Diese wollte Wiener Wohnen „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht herausgeben. 

Genau hier setzt unsere Recherche an.

Am Anfang des DOSSIER: Wiener Wohnen veröffentlichen wir Geschichten zu einem der am besten dokumentierten Gemeindebauten Wiens: dem Hugo-Breitner-Hof im 14. Bezirk. Seit Jahren reklamieren hier zwei Mieterbeiräte aus ihrer Sicht falsch verrechnete Betriebskosten in Millionenhöhe. Zum Teil mit beachtlichem Erfolg.