Bio-Cherrytomaten von Spar Natur Pur, zwei Stück essreife Bio-Avocados, ein Netz Zitronen oder 500 Gramm Clever-Knoblauch: Das und vieles mehr gibt es in den Onlineshops von Billa und Interspar. Wo das Obst und Gemüse der beiden Handelsriesen herkommt, bleibt jedoch oft unklar. Das zeigt eine DOSSSIER-Erhebung des gesamten Online-Sortiments von Billa und Interspar.
Von März bis Juli 2020 war die Herkunft von Obst und Gemüse im Schnitt bei 25,6 Prozent des entsprechenden Sortiments im Webshop von Billa und bei rund 37 Prozent bei Interspar nicht ausgewiesen. Dabei müssen diese Lebensmittel seit fast einem Jahrzehnt aufgrund der EU-weiten Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) hinsichtlich ihrer Herkunft klar gekennzeichnet sein.
Doch in ihren Onlineshops, die durch die Corona-Krise gerade erst einen Boom erlebt haben, ignorieren die beiden marktbeherrschenden Supermarktketten die Regelung.
Die verpflichtende Herkunftsangabe gilt für ausgewählte Lebensmittelgruppen, etwa Fisch, Fleisch, Eier und eben Obst und Gemüse; ebenso für alle Bio-Produkte, wenn diese mit dem EU-Bio-Siegel versehen sind. Das trifft beispielsweise auf die Bio-Cherrytomaten von Spar Natur Pur zu: Im Onlineshop von Interspar ist das EU-Bio-Siegel zwar angeführt, das Herkunftsland ist aber nur mit „EU-Landwirtschaft“ beschrieben.
„Die Rechtslage ist eindeutig und lässt keinen Zweifel offen“, sagt ein auf Lebensmittelrecht spezialisierter Jurist, der nicht namentlich genannt werden möchte. „In der LMIV ist detailliert geregelt, welche Angaben angeführt sein müssen, dazu gehört auch das Herkunftsland.“ Auch in den Zentralen der beiden Lebensmittelketten ist man sich des Problems bewusst.
„Bei Artikeln ohne Herkunftsbezeichnung kommen die entsprechenden Produkte parallel aus zwei Herkunftsländern, das jeweilige Herkunftsland ist selbstverständlich am Etikett verzeichnet“, heißt es von Billa. „Wir arbeiten aktuell an geeigneten Lösungen, um die Herkunftsbezeichnung auch unseren Kundinnen und Kunden im Onlineshop entsprechend anzuzeigen.“
Bei Spar räumt man genauso ein, dass „die Herkunftskennzeichnung im Onlineshop nicht optimal ist. Wir arbeiten bereits an diesem Problem, denn natürlich wollen wir auch die Herkünfte genau angeben.“
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In Deutschland liegen zu ungekennzeichneten Lebensmitteln in Onlineshops indes bereits Gerichtsurteile vor: So entschied das Kammergericht Berlin im Jänner 2018, dass in Onlineshops Pflichtinformationen nach der LMIV bereits vor der Bestellung verfügbar sein müssen. Gibt es also auch in Österreich Handlungsbedarf?
Hier schieben sich das Sozial- und das Landwirtschaftsministerium die Verantwortung gegenseitig zu. „Für Fragen zu Vermarktungsnormen ist das Landwirtschaftsministerium zuständig“, sagt ein Sprecher des Sozialministeriums.
Auf Nachfrage beim Landwirtschaftsministerium heißt es wiederum: „Für die Kontrolle der Lebensmittelkennzeichnung ist das Sozialministerium und für den Vollzug die jeweilige Lebensmittelbehörde in den Bundesländern zuständig. Für uns sind gesetzlich vorgesehene Kennzeichnungspflichten keine Empfehlung, sondern eben eine Verpflichtung. Fehlende Kennzeichnungen sind daher naturgemäß nicht akzeptabel“, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium.