In der Wiener Liga gibt es nicht viele Fußballspiele, die man gesehen haben muss. Das Match WAF Vorwärts Brigittenau vs. Post SV Wien ist eines davon. Zum Glück findet man es bis heute im Internet. Am 24. März 2019 laufen die Mannschaften gegen 10.30 Uhr aufs Brigittenauer Feld. Es ist ein sonniger, warmer Sonntag, an dem die Gastgeber das Spiel dominieren und bald mit 3:1 führen.
Dann die 91. Spielminute: noch einmal Freistoß für den WAF. Aus 18 Meter Entfernung. Der Schuss: rechts an der Mauer vorbei, halbhoch. Der Tormann fliegt … Tor. 4:1. Im Hintergrund kommentiert ein Fan die missglückte Parade: »Eineinhalb Meter neben der Stange.« Ein anderer sagt: »Den muss er halten.« Aber warum tat er das nicht? Aus Unvermögen? Nein – der Goalie war gekauft, das Spiel manipuliert.
Korrupte Kicks wie die Partie WAF gegen Post stehen im Zentrum eines spektakulären Wettbetrugsfalls, der im Februar 2023 am Grazer Straflandesgericht sein Ende fand. Vorübergehend, denn weitere Spielmanipulationen werden noch polizeilich untersucht, ein Drahtzieher wird per europäischen Haftbefehl gesucht.
Mehr als zweieinhalb Jahre lang hat ein Netzwerk aus Spielern und Hintermännern Matches in der Wiener Liga und in der Regionalliga Ost manipuliert. Mindestens 19 Spiele, darunter Partien des ÖFB-Cups, wurden geschoben, wie das Bundeskriminalamt (BK) im Rahmen der Operation Cap ermittelte.
Die Dimension des Match-Fixings, so heißt die Manipulation von Sportwettbewerben, ist enorm. Und sie umfasst nicht nur den Fußball. In Graz dürfte bald der nächste Fall vor Gericht kommen: Dann geht es um Basketball. Zehn Personen, darunter fünf Österreicher, zwei US-Amerikaner, zwei Kroaten sowie ein Slowene, werden wegen schweren Betrugs und Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Pikant: Zumindest ein Mann war sowohl beim Fußball-Match-Fixing als auch beim Basketballbetrug mit von der Partie.
Anhand der Auswertung von Transaktionen konnte das BK im Grazer Fußballverfahren zeigen, wie die Gelder verschoben wurden. Ein kleiner Teil des Wettgewinns ging an die Spieler, die letztlich auf der Anklagebank landeten. Das meiste Geld aber floss ins Ausland, wo die Hintermänner sitzen.
Die sind in der Regel schwer zu fassen. Denn Wettbetrug wird nicht überall als strafbare Handlung qualifiziert, weshalb die internationale Rechtsverfolgung ähnlich wie bei der Geldwäsche auch ins Leere laufen kann. Zudem sind ausländische Behörden nicht immer kooperativ.
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