Der graue Markt

Onlinesportwetten sind in Österreich nicht einheitlich geregelt. Deshalb können Anbieter aus aller Welt am heimischen Markt mitmischen – ohne Lizenz und ohne adäquaten Spieler·innenschutz. Eine Bestandsaufnahme.

Text: Sahel Zarinfard

Sportwetten13.8.2023 

Wieder einmal ist das Internet an allem schuld. Dass es so gut wie jeden Lebensbereich verändert hat, zeigt sich einmal mehr bei einem Blick auf die Wett­branche. Das Netz ist mittlerweile das größte Wettterminal der Welt: rund um die Uhr geöffnet und der Zugang dazu stets griffbereit in der Hosentasche. Die Anbieter wissen die Möglichkeiten des Internets zu nutzen. Das macht die breite Angebotspalette deutlich.

Auf der Strecke bleibt der Spieler·innenschutz. Ständige Verfügbarkeit, permanente Lockangebote – in die Suchtspirale zu geraten wird zunehmend zu einem Problem. Einem, das nach politischen Maßnahmen schreit. Dumm nur, dass Österreichs Wettengesetze dem digitalen Zeitalter hinterherhinken.

Lediglich in Tirol, Salzburg, Ober- und Nieder­österreich müssen Sportwettenanbieter um eine Onlinelizenz ansuchen. In allen anderen Bundesländern ist der Bereich nicht geregelt, was juristisch als nicht dezidiert verboten ausgelegt wird. Die Konsequenz: In Österreich hat sich ein »grauer Markt« entwickelt, eine Art fließende Grenze zwischen dem, was erlaubt, und dem, was verboten ist.

Die Landesgesetzgeber stellen sich blind, die Anbieter auf der anderen Seite gehen auf Risiko. Gegebenheiten wie diese sind auf EU-Ebene und bei Glücksspielen, zu denen Wetten in Österreich nicht gehören, besser bekannt: Anbieter von Onlineglücksspielen berufen sich auf Lizenzen etwa des Inselstaates Malta, wenn sie ihre Angebote via Internet betreiben.

Ihr Argument: Man habe die Genehmigung eines EU-Staates, daher dürfe man sein Geschäft in allen EU-Ländern ausüben. Das österreichische ­Gesetz sieht aber ein Monopol bei Glücksspielen vor. Deshalb vergibt der Staat hierzulande nur eine einzige ­Lizenz für das Betreiben von Onlineglücksspielen. Und diese hat zurzeit Win2day, eine Tochterfirma der ­Österreichischen Lotterien.

Alle anderen digitalen Angebote sind, so die Rechtsansicht des Finanzministeriums, illegal. Die internationalen ­Konzerne sehen das anders und pochen auf ihr Recht auf Dienst­leistungs- und Niederlassungsfreiheit in der ­Union – mitunter sogar beim Europäischen Gerichtshof.

In der Zwischenzeit klagen aber auch immer mehr Spieler·innen ihr verzocktes Geld vor heimischen Gerichten ein – mit Erfolg. Das betrifft unter anderem den Glücksspiel- und Sportwettenriesen Bwin oder, besser gesagt, das Unternehmen dahinter, ­Entain. Bis vor kurzem konnte man auf der Bwin-Website neben Sportwetten auch Onlinepoker zocken – ein Onlineglücksspiel, das aber eben nur die Lotterien-Tochter Win2day anbieten darf.

Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom Juni 2021 ist Bwin verpflichtet, die beim illegal angebotenen Poker erlittenen Spielverluste zurückzuzahlen. Das führte dazu, dass sich das Unternehmen aus dem Marktsegment zurückgezogen hat.

Der Konzern versucht nun, das Glücksspiel­monopol des Bundes über Lobbying zu kippen, wie das Nachrichten­magazin Profil jüngst berichtete.

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