Das Porn­hub-Phantom – Mindgeek-Chroniken, Teil 3

Lange wusste man nicht, wer hinter dem größten Pornokonzern der Welt steht. Letztlich waren es Immobiliendeals, durch die DOSSIER den Eigentümer von ­Mindgeek und Pornhub enthüllen konnte.

Text: Nikolai Atefie, Georg Eckelsberger, Ashwien Sankholkar

Porno17.6.2022 

»Bergmair unternahm extreme Schritte, um nicht nur seine Identität, sondern seine Existenz zu verdecken. Er gab beträchtliche Summen aus, um fast alle Hinweise auf sich selbst aus dem Internet zu entfernen, und nutzte verschiedene Decknamen«, steht in der 179 Seiten starken Anklageschrift, die im Juni 2021 von 34 Frauen beim US-District Court for the Central District of ­California eingereicht wurde. Die Klägerinnen wehren sich juristisch dagegen, dass Videos von ihnen gegen ihren Willen auf Pornhub hochgeladen und trotz Aufforderung nicht entfernt wurden. Als Prozessgegner werden nicht nur der Pornhub-Betreiber Mindgeek und dessen Tochterfirmen angeführt, sondern erstmals auch Bernd Bergmair selbst – das Pornhub-Phantom.

Verschleierung ist eine Kunst, die nicht viele Menschen beherrschen. Bernd Bergmair, der Mann hinter dem Pornoriesen Mindgeek (Pornhub, Youporn, Redtube etc.), hat darin vorübergehend eine gewisse Perfektion entwickelt. Doch im Mai 2021 fällt die Tarnung: Gemeinsam mit dem britischen Newsroom ­Tortoise ­Media enthüllte DOSSIER Bergmair als wohl einflussreichsten Pornounternehmer des Planeten. Mittlerweile können wir auch nachzeichnen, wie Bergmair es geschafft hat, so lange unter dem Radar zu bleiben: Der gebürtige Oberösterreicher versteckte sich jahrelang hinter Briefkastenfirmen, benutzte Treuhänder·innen und bevorzugt damals wie heute den Finanzplatz Hongkong.

Ein wichtiges Werkzeug bei der Recherche: das österreichische Grundbuch. Denn seine Pornomillionen investierte Bergmair unter anderem in Immobilien. Dabei machte er einen entscheidenden Fehler: Er verwendete ein und dieselbe Briefkastenfirma bei einem geschäftlichen und bei privaten Deals. Mit der Pontarelli Holding (Britische Jungferninseln) besaß Bergmair ab 2011 Anteile an der unscheinbaren Redact-Agentur in Wien, die verdeckt seine Pornoseite Redtube betrieb. Vier Jahre später erwarb er ebenfalls via Pontarelli landwirtschaftliche Grundstücke in Oberösterreich – und musste dafür seine landwirtschaftliche Ausbildung und damit seine Identität offenlegen: »Der einzige wirtschaftliche Eigentümer der Erwerberin ist Herr Mag. Bernd Bergmair«, steht im Bescheid der Grundverkehrskommission.

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