Am Set

Die Pornobranche ist vielfältiger denn je, so auch ihre Akteur·innen. Durch die »Alles gratis«-Mentalität des Internets sind viele große Produktionsfirmen im deutschsprachigen Raum schon vor Jahren pleitegegangen. Wer heute als Darsteller·in oder Produzent·in überleben will, muss sich einiges einfallen lassen, um gegen die Konkurrenz zu bestehen.

Text: Christine Grabner; Illustration Daniel Seex

Porno17.6.2022 

In der Sexindustrie regiert der Schein, manche ­sagen auch der Fake. Der männliche User – fast ausschließlich Männer zahlen für Inhalte – soll die ­Illusion eines Sexschlaraffenlands haben. Mit vermeintlich dauergeilen Darsteller·innen, denen man in Videos, auf Onlineportalen via Webcam oder auf Erotikmessen möglichst nahe kommt. Der Star zum Anfassen ist immer wichtiger geworden. ­

Das geht so weit, dass sich manche von ihnen tatsächlich auch mit Fans treffen, um mit ihnen zu drehen, also  auch real Sex zu haben. Diese Angebote kommen zwar vor allem von sogenannten Amateur·innen und nicht von Profis. Aber die Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen, in die sich Darsteller·innen grob einteilen lassen, sind fließend.

Milf

Eine »reifere« Frau, also etwa ab 30, jedenfalls in dem Alter, in dem es wahrscheinlich ist, dass sie bereits ein Kind hat, »Mum I’d like to fuck«

MMF

Dreier mit zwei Männern und einer Frau

Tatjana Young: Mischung aus Profidrehs und Amateurjobs

Das Vokabular ist deftig: »German Milf Tatjana Young in Privat MMF Threesome Sex Tape« oder »Tatjana Young Gets Fucked in a Hotelroom« – mit solchen und ähnlichen plakativen Titeln sind die Gratisvideos auf großen Tube-Plattformen wie Pornhub und ­X-Hamster versehen.

Die leicht mollige Frau, die im Video von einem schwarzen und einem weißen Partner gleichzeitig »hart rangenommen« wird, bezeichnet sich selbst als »Hobbyhure« oder auch »curvy model«. »Männer stehen auf meine Rundungen«, sagt sie selbst­bewusst zu DOSSIER. Hochladen kann die Videos der oder die jeweilige Rechteinhaber·in. Verdienst pro Klick: rund ein Cent, die Masse macht das Geschäft.

Produziert und vermarktet eine Firma die Filme und die Darsteller·in erhält lediglich eine einmalige Gage, nennt sich das Profibereich. Organisieren sich die Sexarbeiter·innen selbst und drehen und verbreiten Videos in Eigenregie, etwa auf Onlineplattformen wie My Dirty Hobby oder ­Onlyfans, dann spricht man vom Amateurbereich.

Jede·r kann dort ein Profil erstellen und sich mit Webcam, Webshop, Fotos und Videos eine Einnahmequelle schaffen. Tatjana Young ist auf unterschied­lichen Amateurplattformen aktiv, dreht aber auch Profipornos. Der Name ist wie üblich frei erfunden und die Frau dahinter ein gutes Beispiel dafür, wie sich körperliche Darbietungen in Zeiten des Internets gewinnbringend einsetzen lassen.

Mit einer Gangbang-Session verdient eine Darstellerin rund 1.500 Euro für den kompletten Tag, sagt David Eidam, Inhaber der deutschen Agentur Redlantern, die auch selbst produziert. Aus Sicht der Sexindustrie sind junge Frauen zwischen 18 und 25 die begehrteste »Ware« – mit ihnen macht man am meisten Geld.

International herrsche unter Produktionsfirmen große Konkurrenz genau um diese Darstellerinnen, sagt David Eidam zu ­DOSSIER, »je früher die Frau Star-Status erreicht, umso besser, das kann aber, wenn eine mit 18 beginnt, auch schnell gehen. Die Haut ist straff, und es gibt keine Probleme wie Cellulite. Idealerweise hat sie schon ab 16 gemodelt und kennt sich mit Posing vor der Kamera aus.«

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