Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie im Buche steht. Rekordwachstum. Europaweiter Expansionskurs. Flächendeckende Präsenz in Deutschland. Eine Jubelmeldung jagt die nächste. Das Portfolio wächst. Immobilie für Immobilie, Firma für Firma. Niedrige Zinsen machen Kredite billig und locken Investor·innen an. Lange scheint es nur in eine Richtung zu gehen: bergauf. Die Gewinne sprudeln, Eigentümer·innen und Banken sind zufrieden.
Doch dann kommt alles anders. Zuerst die Pandemie. Dann der Krieg in der Ukraine, dann die Inflation. Die Zinsen steigen, die Anleger·innen werden vorsichtiger. Und die Fassade beginnt zu bröckeln – bis am Ende der gesamte Konzern einzustürzen droht.
Was wie eine Geschichte über die Signa-Holding von René Benko beginnt, beschreibt in Wirklichkeit die wirtschaftliche Achterbahnfahrt des einst größten Pflegeheimbetreibers in Europa: des Orpea-Konzerns. 76.000 Mitarbeiter·innen, jährlich an die 270.000 betreute Menschen und ein mehr als 20 Länder umfassendes Firmennetzwerk machen Orpea zu einem Giganten am Pflegemarkt.
Auch Österreichs größter privater Pflegeheimbetreiber, die Senecura-Gruppe, wird seit 2015 von dem französischen Unternehmen kontrolliert. Wer zu Orpea recherchiert, stößt auf eine verblüffende Parallele zu René Benkos Signa: den hochriskanten Wachstumskurs auf Pump.
Während das Signa-Modell überwiegend von privaten Investor·innen finanziert wurde, finanziert sich Orpea über den Kapitalmarkt und betreibt sein Kerngeschäft – die Altenpflege – größtenteils mit dem Geld der Steuerzahler·innen.
Denn Pflege ist in vielen Ländern Europas eine Aufgabe der öffentlichen Hand. Auch wenn sich diese immer öfter privater Anbieter·innen bedient, ist es letztlich sie, die in den meisten Fällen dafür zahlt. In Österreich fließen jedes Jahr Milliarden in den stationären Pflegebereich.
Es gibt aber noch einen Unterschied: René Benkos Signa ist insolvent, Orpea kann seine Rechnungen bisher bezahlen. Letzteres, weil Frankreich den börsennotierten Konzern teilverstaatlichte – und damit rettete. Was hierzulande unbemerkt blieb: Die Schockwellen der drohenden Pleite erreichten sogar Österreich. Aber der Reihe nach.
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