Transparenz? Ja, bitte! Aber nicht bei uns

Zugang zu Informationen ist entscheidend für guten Journalismus. Geht es um das eigene Haus, passt der ORF-Geschäftsführung Transparenz aber nicht ins Konzept.

Text: Florian Skrabal; Illustration: Daniel Seex; Grafik: Jakob Listabarth

ORF27.3.2023 

ORF-Journalist Martin Thür wollte es genau wissen. Als die EU 2022 aufgrund des Krieges in der ­Ukraine Sanktionen gegen Russland verhängte, begehrte Thür Einsicht in das Personenverzeichnis des Grundbuchs. Sein Ziel: herauszufinden, welche Vermögenswerte russische Oligarch·innen in Österreich besitzen.

Doch das Gericht in erster, dann auch in zweiter Instanz winkte ab. Erst der ­Oberste Gerichtshof (OGH) erkannte das überwiegende öffentliche Interesse der Recherche und entschied, dass die Suche nach Personen im Grundbuch auch Journalist·innen offensteht, sofern diese ein begründetes »rechtliches Interesse« vorweisen können.

Bis dahin war es Notar·innen oder Rechtsanwält·innen vorbehalten, im Grundbuch neben Adressen direkt nach Namen zu suchen. Ein Erfolg – orf.at titelte im Februar 2023: »OGH öffnet Journalisten besseren Zugang zum Grundbuch«. 

Was in vielen Ländern eine Selbstverständlichkeit ist, muss in Österreich mitunter in aufwendigen Verfahren vor Gericht erstritten werden. Da hilft es, das größte Medienhaus des Landes im Rücken zu haben. Zwar ging die Initiative in diesem Fall von Martin Thür aus, jedoch konnte der Journalist dabei auf die Unterstützung des ORF zählen: Die Rechtsabteilung übernahm die juristische Knochenarbeit, etwa die saubere Formulierung seitenlanger Anträge.

Letztlich erwies der ORF damit nicht nur Thür, sondern allen Journalist·innen im Land einen Dienst: Diese können sich fortan bei ähnlichen Recherchen auf die höchstgericht­liche Entscheidung berufen – eine Sternstunde öffentlich-rechtlichen Journalismus. Geht es jedoch um Transparenz beim ORF selbst, sieht die Sache anders aus.

Dann mauert das ORF-Management im Stile vieler österreichischer Behörden. Wie viel verdient etwa der ORF-Generaldirektor? ­Keine Antwort! Wie viel kostet die Produktion einer x-beliebigen TV-Sendung? Keine Antwort! Und wie viel bekommen die ORF-Stars für diverse Nebenjobs, etwa für Mediencoaching oder als Moderator·innen? Abermals: keine Antwort. In anderen Ländern geben öffentlich-rechtliche Medien­häuser deutlich mehr preis.

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