Editorial

Schöne Künste, gute Geschäfte

Die dubiosen Geschäfte der zwei größten Musikkonservatorien in Wien

Musikkonservatorien8.6.2018 

Es ist wie so oft im Journalismus: Eine Geschichte führt zur nächsten. Im Herbst 2017 berichteten wir über die fragwürdige Musikausbildung und das dubiose Netzwerk des Richard-Wagner-Konservatorium (RWK).

Es spannt sich von Wien bis ins Vorzimmer des Kulturberaters des armenischen Präsidenten und weiter in die Schweiz. Seltene Stradivaris wechseln darin die Besitzer; akademische Abschlüsse werden beworben, obwohl es diese gar nicht gibt.

Der ORF griff die Geschichte in der Nachrichtensendung ZiB2 auf. Schon bald meldeten sich Menschen mit neuen Hinweisen. Und plötzlich ging es nicht mehr einzig um das Wagner-Konservatorium. Unter den derzeit sieben privaten Wiener Musikkonservatorien ist es mit 179 Studierenden ein eher kleiner Fisch.

„Klassische Geschäfte“ – Feature auf Ö1

Das Vienna- und das Prayner-Konservatorium sind mit rund 1.000 Studierenden die größten Einrichtungen dieser Art und machen sich den Ruf der propagierten "Weltstadt der klassischen Musik" auf ihre eigene Weise zunutze: Ihr Geschäftsmodell ist auf ausländische Studierende ausgelegt und sie wiederum sind bereit, für ein künstlerisches Diplom aus Wien viel Geld auszugeben.

In Zusammenarbeit mit Radio Ö1 ist für die Sendereihe Hörbilder ein einstündiges Radiofeature entstanden, das einen Blick hinter die Kulissen von Wiener Musikkonservatorien wirft. Eva Roither, Ko-Produzentin der Sendereihe, hat die Recherche redaktionell begleitet und die Gestaltung der Sendung dirigiert.     

Der Beitrag „Klassische Geschäfte“ wird am Samstag, dem 9. Juni 2018 um 9.05 Uhr auf Ö1 ausgestrahlt und ist anschließend sieben Tage online abrufbar. Auch für die Tageszeitung Der Standard haben wir die Ergebnisse niedergeschrieben.     

Behörden schreiten ein

Knapp sechs Monate lang tauchte DOSSIER-Redakteurin Sahel Zarinfard in ein teils verschlossenes System ein und entdeckte dort eine Reihe fragwürdiger Praktiken, die bisher nicht öffentlich bekannt waren.

Nicht nur Studierende und Lehrende kritisieren im Gespräch die Qualität der Ausbildung an den Schulen. Auch die Behörden, allen voran der Wiener Stadtschulrat, sind beziehungsweise waren mit den zwei Konservatorien befasst.

Der zuständige Fachinspektor leitete bereits 2013 ein Prüfverfahren ein, das Bildungsministerium entzog dem Vienna-Konservatorium jüngst das Öffentlichkeitsrecht. Die Schulleitung hat dagegen berufen.

Zudem ermittelten das Landes- und das Bundeskriminalamt aufgrund eines schwerwiegenden Verdachts: Schlepperei durch Erschleichung von Studentenvisa. Doch die Wiener Staatsanwaltschaft hat das Verfahren abgebrochen.

Fast zwei Dutzend Studierende, Lehrende, ehemalige und aktive Mitarbeiterinnen wie Mitarbeiter haben mit DOSSIER gesprochen. Viele von ihnen wollen anonym bleiben: manche aus Angst, ihren Job zu verlieren, andere befürchten rechtliche Konsequenzen. Und dennoch haben sie im Gespräch ihre Erfahrungen mit den zwei Konservatorien geschildert. 

Wir wünschen Ihnen spannende Lektüre!