Historie

„Krone“, Macht, Politik

Mit ihren Kampagnen zeigt die »Kronen Zeitung« ihre Macht: Um ihren Willen durchzusetzen, nimmt das meistgelesene Blatt des Landes Politiker ins Visier und macht dabei selbst Politik. Alles im Namen der Leser oder zum eigenen Vorteil?

Text: Sahel Zarinfard

Kronen Zeitung11.4.2019 

Kriegsrhetorik gehört zu den Kampagnen der Kronen Zeitung: Als „Schießen aus vollen Rohren“ bezeichnet Peter Gnam, einer der wichtigsten schreibenden Söldner der Kronen Zeitung, 2008 die Ausritte seines publizistischen Oberbefehlshabers Hans Dichand. Die Fronten sind klar – zumindest in den Augen der Krone-Redakteure: „Für die Bürger“ und „gegen die da oben“ wird gekämpft, wie Gnam schreibt. Kampagnen sind zum Markenzeichen der Krone geworden. Das Schema ist stets ähnlich, egal ob es gegen das Wasserkraftwerk in der Hainburger Au geht, ob man zur Verteidigung des in Bedrängnis geratenen Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim ausrückt, oder ob man sich für die Abschaffung der Wehrpflicht starkmacht.

Die „vollen Rohre“, die Waffen der Krone, von denen Gnam spricht, das sind reißerische Schlagzeilen, tendenziöse Berichte, angriffige Kommentare, polemische Gedichte, hämische Karikaturen und blattlinientreue Leserbriefe – die Grenze zwischen Meldung und Meinung verschwindet dabei. Von der Chefetage abwärts schießen sich die Redakteure, oft ressortübergreifend, oft mehrere Tage, Wochen oder gar Monate lang auf ein Thema und auch auf einzelne Politikerinnen und Politiker ein. DOSSIER hat eine Auswahl an Krone-Kampagnen zusammengetragen, die im Verlauf der vergangenen sechs Jahrzehnte für Aufregung gesorgt haben.

Es ist ihre Marktdominanz, die der reichweitenstarken Kronen Zeitung politisches Gewicht verleiht, in den Augen von Krone-Gründer und -Herausgeber Hans Dichand (2010 verstorben) eine Art Legitimation für sein journalistisches Handeln, wie er 2002 in einem Interview bei Dreharbeiten zu einer Dokumentation über seine Krone sagte: „Wir haben fast drei Millionen Leser, die täglich zu unserer Zeitung greifen. Das ist wie eine tägliche Abstimmung. Durch diese Kaufentscheidung wissen wir ganz gut, was die Leser wollen.“ Für ein Machtwort braucht es Reichweite. Zwar betreiben auch andere Zeitungen Kampagnenjournalismus, doch im Gegensatz zur Krone haben sie nicht den gleichen Effekt, wie PR-Berater Dietmar Ecker sagt: „Bei allem Respekt, wenn beispielsweise der Standard mit rund sieben Prozent Reichweite eine Kampagne fährt, ist die Wirkung nicht vergleichbar. Wenn hingegen die Kronen Zeitung mit über zwei Millionen Leserinnen und Lesern etwas fordert, dann kann man nicht einfach weghören.“

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