Im Justizministerium herrschte im November große Aufregung. Auslöser war eine Strafanzeige gegen Finanzminister Eduard Müller bei der Staatsanwaltschaft Wien. »Ich habe Müller angezeigt«, sagt Gottfried Hirsch gegenüber DOSSIER. Seine Vorwürfe beziehen sich auf die Jahre 2013 bis 2015, als Müller die Geschäfte des Linde-Verlags führte. Hirsch selbst war von 2006 bis 2014 Chef der Druckerei Jentzsch, einer Schwestergesellschaft des Linde-Verlags. In seiner Anzeige behauptet Hirsch, eine kleine Gruppe von Personen habe sich unrechtmäßig bereichert. Weil er das aufgedeckt habe, so Hirsch, sei er abserviert worden. Zwar kämpfte er gegen seinen Rauswurf vor dem Arbeits- und Sozialgericht, doch ohne Erfolg: Er verlor den Prozess sowie seine Pensions- und Abfertigungsansprüche. Als Müller im Juni 2019 zum Finanzminister gekürt wurde, platzte Hirsch der Kragen. »Müller war ein Mitwisser«, sagt Hirsch. Seine Vorwürfe wollte er mit dem Staatsanwalt teilen. »Die stehen kurz zusammengefasst in der Strafanzeige.« Beweismaterial wollte er persönlich übergeben. Doch die Justiz zeigte null Interesse. »Ich verstehe das nicht«, sagt Hirsch. »Ich habe meine Telefonnummer hinterlassen, wurde aber nicht befragt.« Auch der Finanzminister wurde nicht einvernommen, erhielt aber ein Spezialservice. Oberstaatsanwaltschaft Wien, Strafrechtssektion, Weisungsrat und auch der Justizminister kümmerten sich um seine Causa. Eine Justiz, die vorgibt, alle gleich zu behandeln, macht Ausnahmen für Promis. Der Umgang mit der Causa Müller riecht nach Kabinettsjustiz – und ist leider keine Ausnahme.
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