Editorial

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Text: Florian Skrabal

Korruption2.12.2019 

Das zweite Album soll schwerer sein als das erste, heißt es. Ist auch so. Vor allem, wenn man etwas anderes vorhatte und seine Pläne plötzlich verwerfen muss. Schuld daran war der am Abend des 17. Mai 2019 über Österreich hereingebrochene Ibiza-Skandal. Wie viele andere konnten auch wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Noch am Tag, als der Vizekanzler der Republik seinen Auftritt als »bsoffene Gschicht« abtat und sein Amt niederlegte, beschlossen wir, unsere zweite Ausgabe der Korruption in Österreich zu widmen. 

Bewusst nehmen wir uns bei DOSSIER zurück, wenn es darum geht, über tagesaktuelle Ereignisse zu berichten. Richtigliegen, in die Tiefe gehen, Zusammenhänge sichtbar machen, belastbare und nachvollziehbare Fakten auf den Tisch legen ist unser Anspruch. Dem wollen wir mit der Ausgabe, die Sie in Händen halten, gerecht werden. 

Das Thema ist heikel und wichtig, die Protagonisten unserer Geschichten sind groß und mächtig. Mit Sicherheit sind sie eines nicht: zimperlich. Schon vor dem Erscheinen erreichten uns Klagsdrohungen. Die Themen, an denen wir in den vergangenen Monaten gearbeitet haben, sind jedenfalls so heiß wie selten zuvor. 

Korruptionsbekämpfung ist unser Geschäft. Seit Jahren berichten wir über Missbrauch und Missstände: über die millionenschweren Zeitungsinserate, mit denen die Stadt Wien den Boulevard füttert; die unfassbaren Zustände in Asylheimen, an denen sich private Hoteliers eine goldene Nase verdienen; über Geldwäschenetze, die von Osteuropa bis nach Österreich führen. 

Korruption gedeiht im Verborgenen und geht auf Kosten Dritter, meist der Allgemeinheit. Das beginnt im Kleinen, in Situationen, die viele von uns schon erlebt haben; vom Job, den man einzig aufgrund persönlicher Kontakte bekommt, oder dem Arztbesuch, bei dem man für den vorgezogenen Termin kleine Aufmerksamkeiten überreicht – so schnell geht es, so verlockend kann es sein, für den eigenen Vorteil Grenzen zu überschreiten. Im Großen läuft das ähnlich. 

Mit dem Unterschied, dass mehr Macht im Spiel ist, die Beträge größer sind und oft mit System vorgegangen wird, gleich ob in der Politik, der Wirtschaft, der Kultur oder im Sport. Natürlich spielen auch hier nicht alle mit. Überall, in jedem Lebensbereich, in jeder Organisation, gibt es Menschen, die mitmachen, solche, die wegschauen, und andere, die Missstände gar an die Öffentlichkeit tragen. Letzteren gebührt unser Respekt und Dank, ohne sie wäre dieses Heft nicht möglich gewesen. 

Und ja, wenn Sie wissen wollen, was wir eigentlich geplant haben, bitten wir noch um ein wenig Geduld – das Thema des nächsten Magazins wird schon bald verraten.