Regierungswerbung im Wahlkampf

Im dritten Quartal 2017 warben die Ministerien um 7,14 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie im selben Zeitraum des Vorjahres.

Von Peter Sim

Inserate15.12.2017 

Jetzt ist es offiziell: Österreichs Bundesregierung griff im Wahlkampf wieder einmal besonders tief in die Budgettöpfe. Insgesamt 7,14 Millionen Euro gaben die Ministerien und das Bundeskanzleramt von Juli bis September 2017 für Eigenwerbung aus. Das zeigen die jüngst veröffentlichten Medientransparenzdaten, die von den öffentlichen Stellen gemeldet werden müssen.

Das dritte Quartal 2017 war somit das zweitstärkste der Bundesregierung seit Beginn der Aufzeichnungen vor rund fünfeinhalb Jahren. Nur im dritten Quartal 2013 gab sie mehr Geld für Eigenwerbung aus – auch damals vor Wahlen.

DOSSIER-Inseraterennen

Wie DOSSIER-Recherchen zeigen, steigt das Bedürfnis der Bundesregierung, auf ihre Leistungen aufmerksam zu machen, stets vor Wahlen: 2006, 2009, 2013 und nun auch 2017 sprangen die Werbeausgaben jeweils in die Höhe.

Um auf diese demokratiepolitisch heikle Praxis aufmerksam zu machen (in Deutschland ist das seit 1977 als unzulässige Wahlwerbung“ verboten), startete DOSSIER im September das Inseraterennen. Das Ergebnis: Die Ministerien und das Bundeskanzleramt schalteten Werbung mit einem Bruttowerbewert von fast drei Millionen Euro in 42 Tagen, mehr als die wahlwerbenden Parteien selbst.

DOSSIER konnte damals nur die Bruttowerbewerte erheben – die nun veröffentlichten Medientransparenzdaten untermauern das Ergebnis des Inseraterennens.

Die Ministerien im Vergleich

Mit 1,36 Millionen Euro gab das Finanzministerium (BMF) im dritten Quartal 2017 am meisten für Eigenwerbung aus; mehr als 2,6 mal so viel wie im Vergleichsquartal des Vorjahres. Die Informationsserien des Finanzministeriums stehen in keinem Zusammenhang mit der Nationalratswahl, sagt ein Sprecher des Ministeriums auf DOSSIER-Anfrage. Als die Kampagnen zur Arbeitnehmerveranlagung und Spendenabsetzbarkeit konzipiert wurden, hätte noch niemand gewusst, wann der Nationalrat gewählt werden würde.

Auch das Bundeskanzleramt (BKA) warb mit 781.846 Euro um mehr als 2,4 mal so viel wie im Vergleichsquartal 2016. Eine Anfrage bon DOSSIER an das BKA blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. 

Fast 3,7 mal mehr für Werbung als im Vorjahr bezahlte das Innenministerium (BMI). Das Innenministerium ist das einzige, das den Zusammenhang seiner Werbeeinschaltungen und Kampagnen mit der Nationalratswahl nicht abstreitet. Wir informieren Wähler und Wählerinnen vor der Wahl, wollen Klarheit schaffen und so auch die Wahlbeteiligung erhöhen, sagt ein Sprecher zu DOSSIER.

Die größte Steigerung der Werbeausgaben verzeichnete das Bundesministerium für Bildung (BMB). Waren es 2016 nur 78.644 Euro explodierten die Ausgaben auf mehr als eine halbe Million Euro, also mehr als das Sechsfache. Unsere Schaltpläne werden prinzipiell unabhängig von einer Nationalratswahl erstellt, versicherte auch eine Sprecherin der Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) kurz vor der Wahl.