Interview

„Jedes Inserat der Stadt Wien ist ein aktenmässiger Vorgang“

Die Erklärungen der Stadt Wien hält Politologe Peter Filzmaier für unglaubwürdig.

Inserate17.10.2012 

DOSSIER: Warum sind Inserate aus der Politik problematischer als andere?

Peter Filzmaier: Das Dilemma sind nicht die Inserate an sich, da Politik die Aufgabe hat, Inhalte zu kommunizieren. Das wahre Problem ist, dass mindestens bis zum aktuellen Medientransparenzgesetz eben diese Transparenz nicht ausreichend bestand und die Frage sich aufdrängt, warum das bisher nicht so war? Man darf nicht in die Falle tappen: Überall, wo viel Geld drinnen steckt, ist etwas unanständig. Es gibt ehrenwerte Anliegen, die man betreiben und kommunizieren kann. Doch man muss transparent machen, warum und wie viel Steuergeld dafür ausgegeben wird.

Seit einigen Monaten wird die Debatte öffentlich geführt. Warum gerade jetzt?

Es gab in den vergangenen Jahren wesentliche Veränderungen am Werbemarkt. Gratiszeitungen wie Heute sind dazugekommen, auch das Privatfernsehen und die Bedeutung von Online-Werbung steigt. Das hat dazu geführt, dass der Werbekuchen neu verteilt werden musste. Auch die politische Kommunikation ist dadurch ungleich komplexer geworden. Zugleich hat die Politik selbst mehrere Anlassfälle geschaffen, welche zur aktuellen Debatte geführt haben, von den mit persönlichen Rubriken oder Fotos verzierten Inserataufträgen des heutigen SPÖ-Bundeskanzlers als früherer Verkehrsminister, bis zu jenen des ÖVP-Landwirtschaftsministers Nikolaus Berlakovich. Dabei kann man nicht automatisch rein rechtliches Fehlverhalten unterstellen, politisch problematisch war das jeweilige Verhalten jedoch auf jeden Fall.

Was sagen Sie zu dem Argument der Stadt Wien, es sei ein zu hoher administrativer Aufwand zu erheben, welche Inserate die Stadt in welchen Medien geschaltet hat?

Dass es ein zu hoher administrativer Aufwand sein soll, die Kosten für Inserate zu erheben, ist aus der Außensicht unlogisch. Jedes Inserat der Stadt Wien ist ein aktenmäßiger Vorgang. Dass für die Erhebung kein sinnvoller Weg gefunden werden kann, halte ich für nicht sehr glaubwürdig. Die Politik müsste ein höheres Interesse daran haben, Verschwörungstheorien entgegenzuwirken. Diese entstehen wie der Pauschalverdacht der versteckten Medienförderung durch mangelnde Transparenz. Dabei geht es nicht darum, eine Neiddebatte zu schüren. Wenn alles offen liegt, kann man argumentieren und begründen: Die Zielgruppen sind so und so, deswegen wurde dort und dort geschalten. Solange es aber keine Transparenz gibt, kann man die Frage der Seriosität nicht beantworten.

Warum wirken Politiker nicht stärker den durch Intransparenz entstehenden Verschwörungstheorien entgegen?

Dazu sind unsere Politiker zu sehr Partei- und zu wenig Regierungspolitiker. Für eine Partei, wie zum Beispiel der SPÖ, ist es vollkommen zulässig viele Inserate in der Krone, in Heute oder in Österreich zu schalten. Für die Stadt Wien ist dieses Argument nicht zulässig.