Interview

„Es wird an Umgehungskonstruktionen gearbeitet”

Florian Philapitsch erklärt, wie öffentliche Stellen das Medientransparenzgesetz austricksen.

Inserate15.3.2013 

DOSSIER: Die ersten beiden Runden der Veröffentlichung von Medientransparenzdaten durch die Kommunikationsbeörde Austria (KommAustria) sind absolviert. Wie beurteilen Sie, was bisher geschehen ist?

Florian Philapitsch: Grundsätzlich sind wir mit dem Meldeverhalten der Rechtsträger sehr zufrieden. In der ersten Welle gab es rund 60 Strafverfahren, in der zweiten nur mehr 15. Ich rechne damit, dass sich das mit der Zeit asymptotisch gegen Null nähert. Was die Meldungen betrifft, ist es bisher also sehr gut gelaufen. Da sehe ich wenig Grund zur Sorge. 

Wie sieht es inhaltlich aus?

Die KommAustria veröffentlicht lediglich die gemeldeten Daten. Dass die Behörde die Zahlen inhaltlich prüft, war vom Gesetzgeber nicht gewollt. Ich würde das auch nicht für sinnvoll halten. Müssten wir nämlich alle gemeldeten Zahlen überprüfen, wäre das eine Riesenaufgabe. Würden wir andererseits nur einzelne große Rechtsträger untersuchen, wären wir wohl bald mit dem Vorwurf der Willkür konfrontiert.

Die veröffentlichten Zahlen zeigen die Geldflüsse an einzelne Medien. Welche Gegenleistung von den Medien dafür erbracht wurde, bleibt aber im Dunkeln.

Das ist sicherlich ein Kritikpunkt. Offensichtlich wollte der Gesetzgeber das aber nicht. Eine entsprechende Melde- und Prüfpflicht wäre aber nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand lösbar.

Gibt es Lücken im Gesetz?

Bei Gesetzen gibt es immer eine Umgehungsproblematik. Es ist uns als Behörde und sicherlich auch einigen Rechtsträger klar, dass man manche Beschränkungen im Gesetz durch besonders kreative Konstruktionen umgehen kann. Wer lange genug schaut, wird das schaffen.

DOSSIER hat in seinen Recherchen eine Beilage der Stadt Wien in der Tageszeitung Österreich gefunden. Interessant daran ist, dass die Beilage nicht den selben Medieninhaber wie die Zeitung ausweist. Die Firma, die die Beilage herausgibt, befindet sich aber im Eigentum einer Privatstiftung, die von der Familie Fellner gegründet wurde.

Auf die Problematik mit Zeitungs-Beilagen sind wir öfters angesprochen worden. Aufgrund der Anfragen von Rechtsträgern, die uns erreicht haben, kann man aber den Schluss ziehen, dass in dem einen oder anderen Fall an Umgehungskonstruktionen gearbeitet wird. Ich denke aber, dass sich diese Bemühungen auf lange Sicht nicht auszahlen werden. Wenn der Rechtsträger vom Rechnungshof geprüft wird, helfen derartige kosmetischen Tricks wenig.

Wir haben die Stadt Wien gefragt, welche Summe in diesem Fall bezahlt wurde, aber keine Antwort erhalten. Sehen Sie einen legitimen Grund diese Information zurückzuhalten?

Warum sollte man da noch ein Geheimnis daraus machen? Wenn die Medienkooperationen unter den sehr weiten Anwendungsbereich des Medientransparenzgesetzes fallen und ordnungsgemäß gemeldet werden, werden die Daten früher oder später an die Öffentlichkeit gelangen. Ich denke, dass die gesetzliche Grundlage von der Politik gut aufbereitet wurde. Das Gesetz schafft die Grundlage für umfassende Meldepflichten, die Rechtsträger sind dieser Pflicht nachgekommen und haben – ich unterstelle mal allen Meldepflichtigen Rechtstreue – umfassende Daten geliefert. Wir haben die Daten zusätzlich als Open Government Data veröffentlicht. Meiner Meinung nach liegt der Ball jetzt vor allem bei der Öffentlichkeit und den Medien. Neben den Prüferinnen und Prüfern des Rechnungshofes braucht es eben auch die Medien, die diese Geldflüsse beobachten und thematisieren.

Sie sind mit der Berichterstattung unzufrieden?

Mir ist aufgefallen, dass die Daten der ersten Meldephase von den Medien zwar wiedergegeben wurden, eine weitere Aufarbeitung ist aber anscheinend ausgeblieben. Ich habe in keiner Zeitung eine tiefergehende kritische Auseinandersetzung gesehen. „Stell Dir vor, es gibt Transparenz und keiner schaut hin". Transparenz ist kein Selbstzweck. Da fehlt bisher das Follow-Up.