„Die Verhältnismäßigkeit stimmt nicht“

Walter Schwaiger, Medienbeobachter in Oberösterreich, kritisiert die Landesausgaben für Inserate.

Inserate29.3.2016 

Seit Jahren beobachtet Walter Schwaiger, Geschäftsführer des oberösterreichischen Marktforschungsunternehmens MediaAffairs, den nationalen Medienmarkt. Im Gespräch mit DOSSIER erklärt er, wieso die hohen Inseratenausgaben des Landes Oberösterreich im „Neuen Volksblatt“ ein Problem sind. 

Sie beschäftigen sich intensiv mit dem oberösterreichischen Medienmarkt. Was ist das Besondere an der Tageszeitung ‚Neues Volksblatt’?

Walter Schwaiger: Das ‚Neue Volksblatt’ ist die letzte Parteitageszeitung in Österreich – und sie ist die einzige verkaufte Tageszeitung, die so viel öffentliche Inserate und Presseförderung bekommt, obwohl sie sich sowohl der Österreichischen Auflagenkontrolle als auch der Media-Analyse entzieht.

Und wo liegt das Problem?
Es gibt keine definitiven Zahlen. Die einzige Information ist eine Selbstangabe: Das ‚Neue Volksblatt’ habe eine gedruckte Auflage von 19.000 Stück. Trotzdem bekommt es jede Menge Unterstützung wie Presseförderung und öffentliche Inserate. Das Land Oberösterreich hat im ‚Neuen Volksblatt’ im dritten Quartal 2015 sogar mehr geschalten als in den ‚Oberösterreichischen Nachrichten’ oder der ‚Kronen Zeitung’. Das ist aus marketingtechnischer Sicht nicht zu erklären. Wenn es mir um die Wirkung meiner Werbung geht, bin ich darauf aus, möglichst viele Menschen zu erreichen, würde ich nicht dermaßen überdimensioniert im neuen Volksblatt schalten. Hier stimmt die Verhältnismäßigkeit einfach nicht. Ohne Auflagenkontrolle oder Media-Analyse müssen auch Berechnungen des Werbewertes stark relativiert werden.

Warum gibt es keine Kritik der Opposition?
Die Politik in Oberösterreich war in den vergangenen Jahren stark konsensorientiert. Hier will niemand was anfassen, was ein heißes Eisen ist. Keiner patzt den anderen an. Die Grünen als früherer Koalitionspartner sind derzeit damit beschäftigt, ihre neuen Zuständigkeiten in den Griff zu bekommen, die SPÖ muss sich überhaupt neu erfinden. Ob sich unter den neuen Verhältnissen ein anderer politischer Stil etabliert, wird sich erst zeigen.

Unsere Auswertungen haben ergeben, dass das Land Oberösterreich der beste öffentliche Anzeigenkunde des ‚Neuen Volksblattes’ ist. Pro gedruckter Zeitung fließen 5,8 Cent vom Land in die Zeitung, bei den Oberösterreichischen Nachrichten sind es nur 1,3 Cent.
Die Zahlen sind schwer zu vergleichen, da es mir als Werber ja eigentlich um die Reichweite und nicht um die gedruckte Auflage geht. Aber das zeigt schon das von mir angesprochene Ungleichverhältnis.

Es gibt keine Zahlen zur Reichweite des Neuen Volksblattes und selbst die Auflage ist nur eine Eigenangabe.
Das ist das Problem. Würden Sie als Werber in einer Zeitung schalten ohne genaue Informationen darüber, wen und wie viele sie erreicht?