Methodik und Rohdaten

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Tageszeitung "Österreich" hat DOSSIER mehrere Datensätze ausgewertet: die Medientransparenzdaten, eine eigene Erhebung, die Österreichische Auflagenkontrolle und die Media-Analyse. An dieser Stelle legen wir offen, welche Datensätze wir verwendet haben und wie wir dabei vorgegangen sind.

»Österreich«5.9.2016 

Rohdaten zum Download

Seit dem dritten Quartal 2012 veröffentlicht die Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) die sogenannten Medientransparenzdaten. Öffentliche Stellen müssen seither offenlegen, wie viel sie für Werbung ausgeben. Welche Gegenleistung den Zahlungen gegenübersteht, also wie viele Inserate oder Werbespots geschalten werden, muss nicht gemeldet werden.

Um die Anzahl der geschalteten Seiten zu erfassen und eine Relation der öffentlichen Inserate zu den privaten herstellen zu können, hat DOSSIER die Inserate in Österreich seit der ersten Ausgabe vom 1. September 2006 bis zum Inkrafttreten des Medientransparenzgesetzes gezählt.

Die DOSSIER-Erhebung

Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) sammelt sämtliche österreichischen Tageszeitungen und hat für DOSSIER die Österreich-Ausgaben vom 1. September 2006 bis 30. Juni 2012 ausgehoben. Acht (die Nummern 141, 142, 143, 328, 461, 665, 697 und 1954) der mehr als 2.000 Ausgaben lagen in der Bibliothek nicht auf, bei fünf Ausgaben (1122, 1723, 1818, 1849, 1987) fehlte der Wien-Teil. Das entspricht einem Anteil fehlender oder unvollständiger Ausgaben von 0,6 Prozent. Die vorhandenen Ausgaben wurden auf Inserate gesichtet und im Rohdatenfile eingetragen:

  • Spalte A: Erscheinungsdatum der Ausgabe
  • Spalte E: Nummer der Ausgabe
  • Spalte F: Name der Beilage
  • Spalte H: Seite des Inserats
  • Spalte I: Größe des Inserats in Achtelseiten
  • Spalte K: Art des Inserats (1 = Sujet, 2 = Advertorial)
  • Spalte L: Inserent

Folgende Daten wurden aus den eingegebenen Daten generiert:

  • Sektoren (Spalten M, N, O): Die eingetragenen Inserenten wurden in mehreren Zwischenschritten den Sektoren Privatwirtschaft, öffentliche Hand und politische Partei zugeordnet, um differenzierte Aussagen treffen zu können. So wird zum Beispiel der Inserent Integrationsfonds in einem ersten Schritt dem Außenministerium (BMEIA) zugeordnet (Spalte M), in einem zweiten den Ministerien gesamt (Spalte N) und in einem dritten Schritt der öffentlichen Hand (Spalte O). So können Aussagen über einzelne Inserenten, Gruppen von Inserenten und Sektoren getroffen werden.
  • Erscheinungsdatum (Spalte B, C, D): Das Erscheinungsdatum der Ausgabe wurde in Jahr, Monat und Quartal zerlegt, um unterschiedliche Zeitverläufe zeigen und analysieren zu können.
  • Beilagen wurden in der Spalte G gekennzeichnet.
  • Inseratengröße (Spalte J): Die Inseratengröße wurde auf ganze Seiten umgerechnet. 

Unschärfen

  • Die Inserate wurden in Achtelseiten gezählt: Inserate über eine Drittelseite wurden als drei Achtel, also 0,375 statt 0,33 Seiten, eingetragen.
  • Es wurde nur gekennzeichnete Werbung gezählt.
  • DOSSIER hat die Wien-Ausgabe ausgewertet. Aussagen über die Gesamtausgabe sowie andere Regionalausgaben sind nicht möglich.
  • Die Inserate wurden per Hand gezählt, menschliche Fehler können nicht ausgeschlossen werden. 

Verbreitete Auflage vs Reichweite zum Download

Auflage vs Reichweite

Trotz mehr als 42 Millionen Euro an öffentlichem Geld für Inserate seit Juli 2012 bezeichnet sich Wolfgang Fellner als Opfer der Inseratenpolitik des Landes. Er begründet das mit den Werbeausgaben öffentlicher Stellen pro verbreitete Auflage seiner Zeitung. Diese sind im Vergleich zu anderen Tageszeitungen am niedrigsten. Betrachtet man jedoch die Ausgaben der öffentlichen Hand in Relation zur Reichweite der Tageszeitungen, liegt Österreich auf dem zweiten Platz der verglichenen Zeitungen, nur Die Presse bekam noch mehr.

Für die Berechnung wurden die Daten der Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH (Medientransparenzdaten und Presseförderung), der Österreichischen Auflagenkontrolle (Auflagen) und der Media-Analyse (Reichweiten) verwendet. Die Rechnung können Sie hier herunterladen:

Die Hochrechnung zum Download

Die Hochrechnung

Öffentliche Stellen müssen seit Juni 2012 melden, wie viel sie für Werbung bezahlen. Wie viel davor ausgegeben wurde, bleibt ungewiss. Die oben beschriebene Erhebung ermöglicht es DOSSIER, sich den Ausgaben für Werbung der öffentlichen Hand in Österreich anzunähern. Für die Schätzung bedarf es Annahmen – diese wurden vorsichtig und konservativ getroffen und nach bestem Wissen und Gewissen auf Plausibilität geprüft. Wie viel Geld tatsächlich geflossen ist, können aber nur die Stellen, die geschalten haben, und die Verantwortlichen bei Österreich beantworten. Die Rechenschritte der Hochrechnung im Einzelnen: 

  1. Die Anzahl der Inserate von öffentlichen Stellen schwankt bei der DOSSIER-Erhebung zwischen 55 und 75 Seiten im Monat, in den Jahren 2008 bis 2012 zwischen 61 und 68. Da die Schwankungsbreite der öffentlichen Hand gering ist und keine Gründe vorliegen, von einer starken Veränderung auszugehen, wurde die Anzahl der Inserate für die Jahre 2012 bis 2016 fortgeschrieben. Diese diente zur Berechnung der durchschnittlichen Rabatte.
  2. Mithilfe der fortgeschriebenen Inseratenvolumina und der tatsächlich bezahlten Summen konnte der Durchschnittspreis für ein Inserat geschätzt werden. 
  3. Die geschätzten Durchschnittspreise pro Inserat wurden mit den Listenpreisen der Gesamtausgabe in Relation gesetzt und so ein Rabatt pro Jahr berechnet. Der durchschnittlich gewährte Rabatt pro Monat lag in den Jahren 2012 bis 2016 bei 29 Prozent.
  4. Es wurde angenommen, dass der durchschnittliche Rabatt ab der Gründung Österreichs konstant ist.
  5. Der durchschnittliche Rabatt wurde auf die Listenpreise der Wien-Ausgabe pro Jahr verrechnet.
  6. Der reduzierte Listenpreis wurde mit der gezählten Anzahl der Inserate pro Jahr multipliziert und so eine Schätzung der Ausgaben der öffentlichen Hand in der Tageszeitung Österreich geschätzt.  

Unschärfen

  • Die Anzahl der Inserate von Juli 2012 bis März 2016 wurde auf Basis der DOSSIER-Erhebung fortgeschrieben. Plötzliche Veränderungen im Schaltverhalten der öffentlichen Hand würden das Ergebnis verzerren.
  • Die tatsächlich gewährten Rabatte von September 2006 bis Juni 2012 können abweichen.
  • Inserate in Themenschwerpunkten (üblicherweise teurer) und Inserate in Beilagen (üblicherweise billiger) wurden nicht berücksichtigt.
  • In den Pressehandbüchern für die Jahre 2009 und 2010 wurden keine Inseratenpreise der Wien-Ausgabe gelistet. Da sich die Inseratenpreise der Stammausgabe gegenüber dem Jahr 2008 nicht änderten, wurden auch die Listenpreise der Wien-Ausgabe von 2008 übernommen. 

Absicherung gegen Überschätzung

  • Es wurde nur die Wien-Ausgabe geschätzt, auf Schätzungen für Regionalausgaben oder die Gesamtausgabe wurde verzichtet.
  • Es wurde nur mit rabattierten Preisen der Wien-Ausgabe gerechnet. Die Preise der Gesamtausgabe und der Stammausgabe sind grundsätzlich höher.
  • Ein viertelseitiges Inserat wurde mit dem Preis einer ganzen Seite durch vier gerechnet – Viertelseiten sind üblicherweise teurer.
  • Es wurden nur die Listenpreise für die Wochentagsausgaben berücksichtigt – diese sind üblicherweise billiger als die Preise für das Wochenende.

Bei unterschiedlichen Annahmen schwanken die Schätzungen der Zahlungen der öffentlichen Hand an die Tageszeitung Österreich zwischen 37,6 und mehr als 70 Millionen Euro. Im Artikel „Das 100-Millionen-Euro-Opfer“ wurde die konservativste Schätzung verwendet. Trotz gebotener Sorgfalt und Vorsicht kann nicht ausgeschlossen werden, dass die tatsächlichen Ausgaben der öffentlichen Hand geringer waren.