Sie stehen im Prater, in Gasthäusern, in Cafés, in Bars oder hinter einer der zahlreichen getönten Glastüren winziger Gassenlokale. Standorte von Glücksspielautomaten sind nichts Geheimes, im Gegenteil: Bunt leuchtende Schilder oder Schriftzüge wie „Imbiss“, „Snacks“, „Zone“ oder „Joker“ machen in der Bundeshauptstadt schon von Weitem auf sie aufmerksam – Kunden sollen wissen, wo das vermeintliche Glück auf sie wartet.
Das wird sich bald ändern. In Wien steht das Kleine Glücksspiel, also das Zocken auf Glücksspielautomaten, kurz vor dem Aus: Ab 1. Jänner 2015 sind sogenannte Münzgewinnspielapparate illegal und dürfen in der Stadt nicht mehr betrieben werden. Das beschlossen alle Parteien des Wiener Landtags Ende November. Konkret strichen sie den Begriff „Münzgewinnspielapparat“ aus dem Wiener Veranstaltungsgesetz – und lösten Diskussionen zwischen den politisch Verantwortlichen und den wirtschaftlich betroffenen Unternehmen aus.
Zur Info: In Österreich ist das Glücksspiel streng geregelt. Die Rahmenbedingungen gibt das Glücksspielgesetz (GSpG) vor. 2010 wurde das Gesetz novelliert – und das Automatenglücksspiel neu aufgestellt. Die Bundesländer können selbst entscheiden, ob sie landesrechtliche Bewilligungen erteilen oder nicht. In der Stadt Wien fasste man den Beschluss, die bis Ende 2014 gültigen Berechtigungen mit Jahresende auslaufen zu lassen.
In Diskussionen über das Kleine Glücksspiel spielten Daten bisher eine nebensächliche Rolle. Das liegt zum einen an der Branche selbst: Diskretion ist in der Glücksspielindustrie oberstes Gebot. Wissenschaftliche Studien zum Wiener Glücksspielmarkt oder zur Spielsucht in Österreich im Allgemeinen sind rar. Zum anderen sind auch die Behörden beim Thema Glücksspiel wenig auskunftsfreudig. Im Wiener Magistrat herrschte bisher strenge Geheimhaltung. Informationen über Standorte von Glücksspielautomaten, vergebene Konzessionen und deren Gültigkeit werden nach wie vor unter Verschluss gehalten.
Eine konsolidierte Liste aller Glücksspielautomaten bzw. Konzessionen in Wien gibt es leider nicht, auch können detaillierte Angaben zu einzelnen Konzessionen aus Gründen des Datenschutzes ohnehin nicht weitergegeben werden,
schreibt Nikolai Moser, Mediensprecher der für das Kleine Glücksspiel zuständigen Stadträtin Ulrike Sima (SPÖ), auf eine Anfrage.
DOSSIER hat das bevorstehende Verbot zum Anlass genommen, das Kleine Glücksspiel in Wien datenjournalistisch zu untersuchen. Mithilfe von Web-Scraping erhob DOSSIER Daten zu vergebenen Konzessionen für den Betrieb von Glücksspielautomaten; Informationen zu deren Gültigkeitsdauer, den Inhaberinnen und Inhabern der Konzessionen und den Standorten der Automaten.
Statistische Eckdaten:
- Bevölkerung Wien (2014): 1.801.137
- Anzahl Automaten (Oktober 2014): 2.578
- Anzahl Standorte (Oktober 2014): 925
- Automatendichte (Automaten pro 1.000 Einwohner): 1,43
In den kommenden Wochen veröffentlicht DOSSIER die Ergebnisse der Recherche. Zu Beginn präsentieren wir eine interaktive Karte mit den Standorten von Spielautomaten in Wien. Wir liefern Tabellen, Grafiken und Hintergrundgeschichten – und wir erklären, wie wir bei der Recherche vorgegangen sind und welche Einschränkungen bzw. Unschärfen unsere Daten aufweisen. Bei der Analyse stießen wir auf viele interessante Ergebnisse; unter anderem auf einen Zusammenhang, der bisher zwar vermutet, aber nicht belegt werden konnte.