Umverteilung von unten nach oben

DOSSIER-Recherchen zeigen: In Bezirken, in denen das Einkommen niedriger ist, stehen mehr Spielautomaten.

Glücksspiel9.12.2014 

Die Geschichte des „kleinen Glücks“ hat zwei Seiten. Sie handelt von Unternehmen, die gute Geschäfte machen, ihren Eigentümern satte Profite einbringen und auch öffentlichen Haushalten Millionen Euro an Steuern und Abgaben in die Kassen spülen. Und sie handelt von zerstörten Existenzen, von gebrochenen Spielerinnen und Spielern, von Sucht und den Konsequenzen – für einzelne Menschen, für Familien und die Gesellschaft als solche.

Das Kleine Glücksspiel löst häufig hitzige Diskussionen zwischen politisch Verantwortlichen, Vertretern der Industrie und betroffenen Spielerinnen und Spielern aus. Mit Fakten wird dabei selten argumentiert. Vielmehr spiegeln die meisten Argumente die jeweiligen Interessen wider. Schon lange führen Gegner des Kleinen Glücksspiel dabei eine These ins Feld, die bisher nicht flächendeckend mit Daten zu belegen gewesen ist: Glücksspielautomaten stünden dort, wo ärmere Menschen wohnen - das Kleine Glücksspiel käme einer Umverteilung von unten nach oben gleich.

Je niedriger das Einkommen, desto mehr Automaten

DOSSIER hat diese These unter die Lupe genommen und die Standorte von Glücksspielautomaten in Wien mit den durchschnittlichen Einkommen in den Bezirken verknüpft. Das Ergebnis: Spielautomaten stehen tatsächlich signifikant öfter in Bezirken, in denen das durchschnittliche Einkommen der Bevölkerung niedriger ist.

So stehen etwa im 13. Wiener Gemeindebezirk 0,25 Automaten pro 1.000
Einwohnerinnen und Einwohnern, das durchschnittliche Einkommen liegt hier bei knapp 38.000 Euro pro Steuerpflichtigem. Ungleich höher ist die Automatendichte im 15. Wiener Gemeindebezirk mit 2,35 und dem niedrigsten Durchschnittseinkommen (22.660 Euro) aller Bezirke.

Die Ausnahmen: 1010 Wien und die Sonderzonen

Der 1. Wiener Gemeindebezirk ist ein sogenannter statistischer Ausreißer, da er die Grundgesamtheit nicht beschreibt und die Ergebnisse des statistischen Modells verzerren würde. Der Grund: Beide Variablen – das „Einkommen“ (44.457 Euro) und  die „Automatendichte“ (2,77) – liegen weit über dem Durchschnitt. Die Innere Stadt wurde daher weder in der Auswertung berücksichtigt noch in der Grafik eingezeichnet.

In Wien dürfen an einem Standort per Gesetz nur zwei Automaten betrieben werden. Das Gesetz führt zwei Ausnahmen an: die sogenannten „Sonderzonen“. Diese befinden sich in der Leopoldstadt (1020 Wien) im Gebiet des Wurstelpraters und in Favoriten (1100 Wien) im Laaer Wald. Hier dürfen mehr als zwei Automaten pro Standort betrieben werden. In der statistischen Auswertung sind diese nicht erfasst, da diese das Ergebnis verzerren würden.