Freibrief für den Frauenarzt

Trotz übergriffigen Verhaltens gegenüber ­Patientinnen, der öffentlichen Bloßstellung einer von ihnen und ­Vorwürfen körperlicher und seelischer Gewalt im familiären Umfeld kann ein österreichischer Gynäkologe weiterhin ungehindert praktizieren. Was tut die Ärztekammer?

Text: Ashwien Sankholkar; Illustration: Tom Linecker, Denis Mujaković

Gesundheit20.6.2025 

Im Dezember 2024 landete ein brisanter Brief des Wiener Straflandesgerichts bei der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Die oberste Standesvertretung der Mediziner·innen wurde über den Ausgang eines Strafverfahrens gegen einen Gynäkologen informiert. Im Zeitraum von 1997 bis zum Frühjahr 2011 habe er seiner »seiner Fürsorge unterstehenden Tochter (...), die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, körperliche und seelische Qualen zugefügt«, heißt es im Gerichtsbeschluss. 

Und weiter: »Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Der Angeklagte hat die Verantwortung für sein Handeln übernommen und ist bereit, Schadenersatz an das Opfer zu leisten.« Gerichtlich festgesetzt wurden 6.000 Euro Geldbuße für den Gynäkologen und 20.000 Euro Schadenersatz für dessen Tochter. Das Strafverfahren endete »diversionell«, also ohne einen Schuld- oder Freispruch. Der Gynäkologe gilt daher als unbescholten und darf deshalb ungehindert praktizieren. Nun liegt der Ball bei der Ärztekammer. 

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