»Wartezeiten bei Operationen sind Geschichte«, »kürzere Wartezeiten bei Operationen und Terminen«, »die ideale Lösung für alle, die sich schnelle Termine und die beste medizinische Betreuung wünschen« – was für Versprechen! Sie treffen ins Mark. Denn was wünscht sich ein kranker Mensch mehr als alles andere? Gesund werden.
Gleich eine·n Ärzt·in finden, gleich einen Termin bekommen. Gleich bei einer etwaigen Operation drankommen, nicht Monate warten müssen. Da hilft eine Zusatzversicherung. Privatwahlarzt basic oder doch lieber Sonderklasse premium? Das Angebot ist groß. Je kleiner der Anbieter, desto marktschreierischer der Slogan.
Große Versicherungen, etwa die Marktführerin Uniqa, führen die feinere Klinge: »flexible Termine«, »Untersuchungs- und Operationstermine ganz nach Ihren Wünschen«, heißt es auf der Website der Uniqa. Aber darf man das überhaupt? Dürfen sich jene, die es sich leisten können, OP-Termine einfach wünschen? Ja und nein.
Wie im niedergelassenen Bereich, wo immer mehr Wahlärzt·innen mit raschen Terminen aufwarten; wie bei der psychischen Versorgung, wo jene, die Therapeut·innen privat bezahlen können, schneller Hilfe bekommen, so hängt es auch im Spitalsbereich von der Geldbörse ab, wer wann und wie schnell unters Messer kommt.
Dabei geht es nicht um akute Eingriffe in lebensbedrohlichen Situationen. Es geht um sogenannte elektive Operationen, also Routineeingriffe, etwa im Bereich der Augenheilkunde, Orthopädie oder Neurochirurgie; Eingriffe, bei denen es um Alterserscheinungen, um die Folgen chronischer Krankheiten, um die Steigerung der Lebensqualität geht.
Genau diese Operationen mussten in den vergangenen zwei Pandemiejahren am häufigsten verschoben werden. Dementsprechend verlängerten sich auch die Wartezeiten. Was die Frage aufwirft: Kommen jene, die über das nötige Kleingeld oder die richtige Versicherung verfügen, jetzt erst recht schneller dran?
»Wenn man privat versichert ist, dann kann man in ein Privatspital gehen und kommt dort natürlich schneller dran. Das ist nichts Verwerfliches«, sagt Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) zu DOSSIER. »Es ist dann ein Problem, wenn das auch in öffentlichen Spitälern passiert. Hier zahlt die Allgemeinheit dafür, dass irgendein Herr Professor seine Privatpatient·innen vor allen anderen drannimmt. Das geht nicht.«
Denn in Österreichs öffentlichen Krankenhäusern steht allen Patient·innen gleichwertige medizinische Behandlung zu, losgelöst von einer etwaigen Versicherungspolizze. In öffentlichen Spitälern ist es nicht erlaubt, Privatpatient·innen, die sogenannte Sonderklasse, medizinisch besser zu behandeln oder bei OP-Terminen zu bevorzugen.
So heißt es im Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG): »Die Sonderklasse hat durch ihre besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen.« Punkt. In einfachen Worten: Die Sonderklasse darf mehr Komfort genießen, ja. Sie hat Anspruch auf ein Einzelzimmer, ja. Bessere Küche, längere Besuchszeiten, ein Gratissortiment an Zeitungen – ja.
Aber bei Operationen in einem öffentlichen Spital unter vergleichbaren medizinischen Voraussetzungen schneller drankommen? Nein. So weit die Theorie. Ob das jedoch in Wirklichkeit so ist, muss bezweifelt werden – trotz einer Gesetzesänderung, mit der die Politik schon vor mehr als einem Jahrzehnt Transparenz hatte schaffen wollen. Daraus wurde nichts.
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