„Hausbank der Region“ und „kompetenter Nahversorger“ nennt sich die Raiffeisenbank Kitzbühel-St. Johann selbst. Es sind jedoch internationale Geschäfte, mit denen sie sich an die Spitze jener österreichischen Banken setzt, an die mutmaßliches Schwarzgeld aus dem globalen Geldwäschenetzwerk der Russischen Waschmaschine geflossen ist.
Denn bei der Bank hat das Unternehmen Frivent Gmbh, ein Tiroler Klima- und Lüftungsanlagenhersteller, sein Konto. Anhand der Daten, die OCCRP und der russischen Zeitung Novaya Gazeta zugespielt wurden, lassen sich die Überweisungen auf das Firmenkonto genau nachvollziehen. Diesen zufolge geht am 3. April 2013 die erste Zahlung von der zypriotischen Briefkastenfirma Crystalord Limited in Kitzbühel ein: 65.856 Euro.
Das Geld floss aber nicht von Zypern nach Tirol, es kam von einem Konto bei der lettischen Trasta Komercbanka. Die Bank existiert heute nicht mehr. Die Europäische Zentralbank entzog ihr 2016 die Lizenz, da das Kreditinstitut wiederholt mit Geldwäsche in Verbindung stand. Eine lettische Bank, eine zypriotische Briefkastenfirma, ein fünfstelliger Betrag – kurz: eine verdächtige Transaktion, die der Bank auffallen hätte müssen.
In den folgenden acht Monaten gingen 24 weitere Transaktionen auf dem Konto ein: In Tranchen von 4.366 Euro bis 125.792 Euro überwies Crystalord insgesamt 1.414.447 Euro nach Kitzbühel – über zwei andere Briefkastenfirmen flossen weitere 175.100 Euro.
17 Banken aus Österreich
Nicht nur bei der Raiffeisenbank Kitzbühel-St. Johann hätten die Alarmglocken läuten müssen. Insgesamt tauchen zwischen Juni 2012 und März 2014 17 österreichische Banken im Geldwäschenetzwerk der Russischen Waschmaschine auf. Rund 4,1 Millionen Euro mutmaßliches Schwarzgeld flossen in 88 Transaktionen aus dubiosen Quellen auf ihre Konten. Manche Banken wickelten Überweisungen im sechsstelligen Bereich ab, an andere flossen verhältnismäßig kleine Summen.
Österreichs Banken im Netz der Russischen Waschmaschine

Bei der Bekämpfung von Geldwäsche stehen Banken an vorderster Front. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Identität ihrer Kunden bei der Kontoeröffnung zweifelsfrei festzustellen. Gleichzeitig müssen sie Vorkehrungen treffen, um verdächtige Geldbewegungen zu erkennen. Der damals gültige Paragraf 40 des Bankwesengesetzes schrieb "Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung" vor. Heute heißt die Rechtsvorschrift Finanzmarkt-Geldwäschegesetz und ist seit 1.1.2017 in Kraft - die Regeln sind die gleichen: Überweisungen aus Steuerparadiesen, aus Ländern mit lasch reguliertem Bankensektor oder verdächtigem Verwendungszweck mussten damals wie heute überprüft werden. Erkennt eine Bank so eine Transaktion, muss sie den Verdachtsfall bei der Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamtes melden. Die Behörde prüft und entscheidet, wie weiter vorzugehen ist.

Bei einem Großteil der 88 Transaktionen, die über das Geldwäschenetzwerk auf österreichischen Konten landeten, hätte zumindest Alarm ausgelöst und diese gemeldet werden müssen. Doch ist das auch passiert?
DOSSIER hat bei den Banken nachgefragt. Die Antworten kamen pünktlich und fielen pauschal aus: Man habe sich an alle gesetzlichen Vorgaben gehalten, sei sich keines Fehlverhaltens bewusst und könne zu angeblichen oder tatsächlichen Kundenbeziehungen aufgrund des Bankgeheimnisses nichts sagen.
So weit die offizielle Linie. Zwei Mitarbeiter von betroffenen Banken wenden sich jedoch vertraulich an DOSSIER: Zumindest einige der Transaktionen seien erkannt und bei der Geldwäschemeldestelle gemeldet worden, sagen sie.
Unter Beobachtung
Seit vergangenem Jahr steht die Republik Österreich wegen ihrer Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung in der internationalen Kritik. Auslöser war ein im September 2016 erschienener Prüfbericht der Financial Action Task Force (FATF), einer internationalen Anti-Geldwäsche-Einheit, die bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angesiedelt ist. Das Urteil fiel kritisch aus: Wie Der Standard im Juni 2016 berichtete, wäre Österreich beinahe auf der FATF-Watchlist gelandet. Nur eine Großdelegation aus Wien, die zur FATF-Plenarsitzung nach Südkorea gereist sein soll, habe die Organisation schließlich überzeugen können, den Bericht zu entschärfen.
Der Bericht hat es dennoch in sich: Die größten Schwächen verorten die FATF-Prüfer bei jener staatlichen Stelle, die für die Bearbeitung sämtlicher Verdachtsmeldungen der Banken zuständig ist – die Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamts. Die Behörde führe keine strategischen Analysen durch, schreiben die Prüfer. Zudem führe sie keine Datenbanken und könne die eingebrachten Verdachtsmeldungen nur unzureichend analysieren.
Insgesamt 4.237 dieser Meldungen gingen im fraglichen Zeitraum bei der Geldwäschemeldestelle ein. 154 der verdächtigen Transaktionen wurden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Waren darunter auch einige der 88 Transaktionen von Briefkastenfirmen der Russischen Waschmaschine?
Von der Geldwäschemeldestelle gibt es darauf keine Antwort. Man dürfe „zu konkreten Fällen keine Angaben machen, da diese Informationen dem Amtsgeheimnis unterliegen“, heißt es in einer Stellungnahme. Das Geldwäschenetzwerk der Russischen Waschmaschine kenne man. Ob es dazu konkrete Ermittlungen gab oder gibt, bleibt offen.
Auf die Kritik der FATF werde man jedenfalls reagieren: „Die Planung ist bereits im Laufen“, heißt es. Das Personal würde aufgestockt, zusätzlich sollen „weitere Abfragemöglichkeiten, wie zum Beispiel Firmendaten“ oder eine „Analysedatenbank“ zum Einsatz kommen. Geht es nach Peter-Roman Bachler, dem Vorstand der Raiffeisenbank Kitzbühel-St. Johann, scheint es aber ohnehin wenig Handlungsbedarf zu geben: Wir können Ihnen mitteilen, schreibt Bachler per Mail, „dass die Zusammenarbeit mit der Geldwäschestelle bestens funktioniert.“