Kommentar

Ich kann mehr!

Unser Autor hat einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie die Arbeit in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderungen abläuft. Er fragt sich: Wissen die Menschen eigentlich, wie es sich anfühlt, wenn einem nichts zugetraut wird?

Text: David Tritscher (andererseits)

Ausgleichstaxe28.11.2023 

In Zusammenarbeit mit der inklusiven Redaktion »andererseits«

Ich war in einem Programm, das uns auf Werkstätten und Tages-Einrichtungen vorbereiten sollte. Wir sollten unterschiedliche Materialien kennenlernen, und als Metall dran war, musste ich drei Monate lang rostige Schrauben putzen. Metall wurde so nicht gerade mein Lieblings-Material.

Jeden Morgen hatte ich dasselbe Bild vor mir: einen Kübel rostiger Schrauben, die ich putzen sollte. Ich war damals sehr unglücklich und enttäuscht, dass man mir nicht mehr zutraute. Darüber habe ich auch ein Gedicht geschrieben. Das war schon vor vielen Jahren. Letztes Jahr habe ich entschieden, es zu veröffentlichen. Ich habe es beim Literatur-Preis Ohrenschmaus eingereicht.

Eigentlich wollte ich das nicht, da ich nicht möchte, dass jemand wegen mir Schwierigkeiten bekommt. Aber damit die Menschen erfahren, wie sich Menschen mit Behinderungen fühlen, wenn sie solche Arbeiten verrichten müssen, habe ich es schließlich doch gemacht. Meine Familie hat mich dazu ermutigt. Und ich habe mit dem Gedicht tatsächlich einen Hauptpreis gewonnen. Meine Freude war riesengroß. Mein Gedicht können Sie auch hier lesen. Für dieses Magazin habe ich mich mit Werkstätten auch journalistisch beschäftigt.

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