Niederösterreich: Deutlich verbessert

In Niederösterreich wurden Missstände in Asylquartieren mittels strenger Kontrollen beseitigt.

Asyl4.11.2014 

„Das letzte Jahr war viel Arbeit“, sagt Hermann Priller. „Wir haben die DOSSIER-Berichte als Anregung verstanden, noch eine Sicherheitsschleife einzubauen.“ Priller ist Büroleiter der für Niederösterreichs Asylwesen zuständigen Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Team NÖ). Für die meisten der zurzeit rund 4.800 Asylsuchenden, für die das Bundesland verantwortlich ist, scheint sich die „viele Arbeit“ gelohnt zu haben. Wie die aktuellen DOSSIER-Recherchen dokumentieren, funktioniert die Grundversorgung in Niederösterreich deutlich besser als vor einem Jahr.

Quartier

Ort

Veränderung

Wertung 2013

Wertung 2014

NÖ47

2840 Grimmenstein

23,5

5

28,5

NÖ8

3622 Mühldorf

19,5

11

30,5

NÖ36

2326 Maria Lanzendorf

17

12,5

29,5

NÖ23

3105 St. Pölten

16

12

28

NÖ53

2723 Muthmannsdorf

15,5

8

23,5

Zusätzlich:

    

NÖ13

3172 Ramsau

-

19,5

geschlossen

DOSSIER untersuchte jene sechs niederösterreichischen Quartiere, die in der Erstrecherche im Sommer 2013 die schwersten Mängel aufgewiesen hatten, noch einmal: Alle sechs Unterkünfte schneiden dabei wesentlich besser ab als im Vorjahr: Schimmelbefall wurde beseitigt, Badezimmer erneuert, Betten getauscht, Verpflegungsmodelle umgestellt – und ein Quartier wurde geschlossen. So ergibt sich in der aktuellen DOSSIER-Bewertung der durchschnittliche Anstieg um 18,3 Punkte. 2013 lag die Unterbringungsqualität in Niederösterreich im Mittelfeld. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Bundesländern Burgenland und Salzburg zeigt sich hier heute die deutlichste Verbesserung.

Sichtbare Verbesserungen

2013 herrschten in Niederösterreichs Flüchtlingsunterkünften teils noch gesundheitsgefährdende Lebensbedingungen vor. „Da brauche ich nicht zu messen“, lautete etwa das Urteil von Peter Tappler, Gerichtssachverständiger für Schimmelbildung in Innenräumen, bei einem Lokalaugenschein im Asylquartier Winzendorf-Muthmannsdorf, Bezirk Wiener Neustadt. Schimmelbefall war im Bad sichtbar ausgeprägt, eine Sanierung des Hauses aus Sicht des Sachverständigen dringend notwendig. Ein Jahr später zeigt sich die Unterkunft wie ausgewechselt: Es wurde saniert, die stark verschimmelten und verdreckten Badezimmer renoviert, der Schimmel beseitigt.

Auch in der Unterkunft NÖ47 in Grimmenstein, Bezirk Neunkirchen, wurde saniert. Gutachter Peter Tappler stellte im Vorjahr in der Küche des Quartiers eine sechsfach erhöhte Konzentration an Schimmelpilzsporen gegenüber der Außenluft fest. In einer ersten Reaktion trug ein Mitarbeiter der zuständigen Fachabteilung der Betreiberin Elfriede T. im August 2013 auf, sie solle die Schimmelflecken lediglich übermalen, denn: „Wenn das wer sieht, zahlen Sie drauf". Mittlerweile geht man im Land die Probleme tatsächlich an; die Betreiberin musste grundlegende Sanierungsmaßnahmen durchführen: Der Schimmel in der Küche wurde beseitigt, die Küchenzeile erneuert. Das Badezimmer wurde ebenfalls renoviert, die Duschkabine ersetzt. „Wir sind einigen Quartiergebern ziemlich auf die Zehen gestiegen“, sagt Büroleiter Priller. „Ich glaube, das hat jetzt jeder in Niederösterreich irgendwie verstanden.“

Was Niederösterreich heute anders macht

In Österreichs größtem Bundesland betreuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas Niederösterreich/Wien und des Diakonie-Flüchtlingsdienstes die vom Land grundversorgten Asylsuchenden. Auch Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, sieht deutliche Verbesserungen in der niederösterreichischen Grundversorgung: „Wenn man sieht, was im letzten Jahr passiert ist, muss man klar sagen, dass wichtige Schritte gesetzt wurden, um zu einer positiven Veränderung beizutragen. Hier hat es nach der Berichterstattung von DOSSIER, und ich glaube, nicht zuletzt auch wegen der Berichterstattung, positive Veränderungen und einige Maßnahmen gegeben.“

Für die Qualitätssteigerung sind allen voran die strengeren Kontrollen der Unterbringungsqualität verantwortlich. Bei vierteljährlichen Treffen werden Mängelberichte der Betreuungsorganisationen Caritas und Diakonie protokolliert und abgenommen, ein „Quartiersbeirat“, bestehend aus einem Amtsarzt, je einem Mitarbeiter der Gewerbebehörde und der zuständigen Fachabteilung, kontrolliert daraufhin Quartiere mit Mängeln – unangemeldet. Werden tatsächlich Missstände vorgefunden, folgt eine Ermahnung; der Quartiersbeirat fordert zur Behebung der Mängel auf; ändert sich in drei Monaten nichts, gibt es Konsequenzen, die bis zur Schließung des Quartiers führen können. „Wir haben gesagt: Entweder ihr macht das, oder wir müssen uns etwas anderes überlegen“, erklärt Hermann Priller. „Damit haben wir den Standard gehoben und die Betreiber haben wirklich investiert.“ Oder auch nicht – wie in der Gemeinde Ramsau, Bezirk Lilienfeld. Dort musste jene Unterkunft zusperren, in der nicht nur Missstände wie Schimmelbefall herrschten; der Ramsauer Betreiber hatte 2013 zudem noch Lebensmittelgutscheine statt Bargeld an Asylsuchende ausgegeben; Gutscheine, die in einem einzigen Kaufhaus einlösbar waren: jenem des Quartierbetreibers.