Rauswurf wegen Rechtsextremen

Bei einem Geheimtreffen von Rechtsextremen in Deutschland war auch ein Arzt aus Klagenfurt eingeladen. Das hat nun Konsequenzen für den Mediziner: Der Klinikbetreiber Humanomed beendet das Vertragsverhältnis.

Text: Georg Eckelsberger und Ashwien Sankholkar

Andere Themen22.1.2024 

Foto: Correctiv

Update vom 13. Februar 2024: 

Kärntner Arzt wehrt sich gegen Vorwürfe

Der Arzt, der wegen seiner Teilnahme am Rechtsextrementreffen bei Potsdam unter Beschuss geraten war, meldete sich zu Wochenbeginn erstmals zu Wort. Wie DOSSIER berichtete, hatte der Mediziner seinen Belegarztvertrag mit der Kärntner Humanomed-Gruppe verloren und die Ärztekammer danach sogar ein Disziplinarverfahren eingeleitet. 

»Ich und meine Frau haben und hatten bis dato noch nie Kontakt zu irgendeiner rechtsradikalen Szene und wir distanzieren uns auch ganz klar und scharf von dieser«, sagt der Arzt in einer der Kleinen Zeitung und der APA vorliegenden Stellungnahme. 

Wie er bei dem von der Plattform Correctiv aufgedeckten Treffen gelandet ist? Er und seine Ehefrau seien zufällig über einen Bekannten dazu gekommen. Laut ORF-Kärnten beklagt der Arzt, dass er »in vielen Medien verunglimpft und bekämpft« werde, obwohl er sich »in keiner Weise etwas zuschulden kommen habe lassen«.

Die Vorgeschichte: Im November 2023 sei er wegen eines Autokaufs in Deutschland gewesen und habe alte Bekannte kontaktiert. Einer davon habe ihn ins Landhaus Adlon eingeladen und gemeint, dass dort »Persönlichkeiten aus allen politischen und sozialen Lagern« sein würden. Dass er das Angebot angenommen hat, wurde ihm nun zum Verhängnis.  Seinen Rauswurf bei Humanmed will der Arzt jedenfalls mit allen Mitteln bekämpfen. (Ende)

Update vom 8. Februar 2024:

Ärztekammer prüft Rechtsextremismus

Die Teilnahme am Rechtsextrementreffen bei Potsdam hat für den Kärntner Neurochirurgen ein disziplinarrechtliches Nachspiel. Der gebürtige Deutsche wurde vor kurzem wegen »Schädigung des Standesansehens« bei der Ärztekammer angezeigt.

Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), will den Disziplinarfall nicht kommentieren. »Aufgrund der ärztegesetzlichen Vorgaben ist der Österreichischen Ärztekammer eine weitere Kommentierung zur angeführten Berichterstattung nicht möglich«, heißt es von Seiten der ÖÄK auf DOSSIER-Anfrage.

Das Gesundheitsministerium ist die Aufsichtsbehörde der ÖÄK. Dort ist der Fall Chefsache. Gesundheitsminister Johannes Rauch gegenüber DOSSIER: 

Die Teilnahme an einem Treffen mit Rechtsextremen, in dem derart menschenverachtende Pläne diskutiert werden, ist kein Kavaliersdelikt. Ich gehe davon aus, dass das auch der Ärztekammer bewusst ist. Sie wird sich auch der öffentlichen Diskussion über den Ausgang des Disziplinarverfahrens stellen müssen. Ich werde den Ausgang genau beobachten.

Das Disziplinarverfahren in der ÖÄK ist mehrstufig. Zuerst prüft der Disziplinaranwalt – wie ein Staatsanwalt im Strafverfahren – die Anzeige und bringt sie dann vor eine Disziplinarkommission, die am Ende des Verfahrens die Disziplinarstrafe verhängt.

Die aus einem Juristen und zwei Ärzt·innen bestehende Disziplinarkommission verhandelt das Disziplinarverfahren. Die Kommission agiert dabei wie ein Richtersenat. Sie setzt eine mündliche Verhandlung an, befragt den angezeigten Arzt und würdigt die Beweismittel. Der große Unterschied zum Strafprozess: Disziplinarverfahren sind nicht öffentlich. Verhandelt wird hinter verschlossenen Türen, und auch der Ausgang des Verfahrens bleibt geheim.

Die Disziplinarstrafen reichen vom schriftlichen Verweis über eine Geldbuße (max. 36.340 Euro) bis zur befristeten Untersagung der Berufsausübung (max. ein Jahr). Selten wird die Höchststrafe verhängt: Die »Streichung aus der Ärzteliste« setzt schwere Verfehlungen voraus. (Ende)


Eine geheime Zusammenkunft von einflussreichen Rechtsextremen am 25. November 2023 in Deutschland sorgt seit zwei Wochen international für Schlagzeilen: »Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland«, berichtete das deutsche Recherchezentrum Correctiv, das den »Geheimplan gegen Deutschland« aufdeckte.

Das »Düsseldorfer Forum« – so der offizielle Konferenzname – ereignete sich im Potsdamer Landhaus Adlon, unter Beteiligung von Politiker·innen der deutschen Partei »Alternative für Deutschland« (AfD) und Mitgliedern der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) sowie von reichen Unternehmer·innen, Jurist·innen und Medizinern.

Bei dem Treffen war neben Martin Sellner – der Ex-IBÖ-Sprecher trat als Redner auf – ein weiterer Gast aus Österreich: ein Arzt aus Kärnten. Der Besuch in Potsdam hat nun laut DOSSIER-Recherchen berufliche Konsequenzen: Der Klinikbetreiber Humanomed beendet den Vertrag mit dem Mediziner.  

Die Kärntner Humanomed-Gruppe beschäftigt nach eigenen Angaben rund 1.400 Mitarbeiter·innen aus mehr als 30 Nationen. In der Privatklinik arbeiten auch so genannte Belegärzt·innen, die zwar nicht in einem Dienstverhältnis zur Humanomed stehen, aber auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung die Infrastruktur der Privatklinik benutzen, um Patient·innen selbständig und auf eigene Rechnung zu behandeln.

»Die Humanomed-Gruppe distanziert sich ganz klar von jeglichem rechtsextremen Gedankengut, das bei dem Treffen am 25. November 2023 laut Medienberichten diskutiert wurde und lehnt das dahinterstehende rechtsextreme Menschen- und Weltbild vehement ab«, heißt es in einem Statement des Unternehmens gegenüber DOSSIER. »Aus diesem Grund und auf Basis der derzeitig vorliegenden Fakten hat das Management der Humanomed-Gruppe den Belegarztvertrag mit dem betreffenden Arzt aufgelöst.«

Die Namen des Arztes und seiner Ehefrau finden sich auf einem der Kuverts, die an die Gäste des Geheimtreffens ausgegeben wurden. Bei dem Mediziner handelt es sich um einen gebürtigen Deutschen, der im Vorjahr von einer österreichischen Zeitung zu einem der beliebtesten Ärzte in seinem Fachgebiet gewählt wurde. Der Arzt wollte – trotz mehrerer telefonischer Anfragen – keine inhaltliche Stellungnahme abgeben und sagt zu DOSSIER: »Ich habe keine Zeit.«

Fotos von Correctiv legen Nahe, dass der Arzt in Begleitung anreiste. Ob es sich dabei um seine Frau handelte, ist unklar. Schon dass sie mit ihrem Mann auf der Gästeliste stand, ist politisch brisant, denn die Frau ist neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Gesundheitsbereich auch in der Kärntner Lokalpolitik aktiv.

Bei den Kommunalwahlen 2021 trat sie für die Volkspartei an und wirkte im Wahlkampf mit. Heute vertritt sie die ÖVP als Ersatzmitglied im Gemeinderat einer Gemeinde mit rund 3.000 Einwohner·innen, wie Bürgermeister und Vizebürgermeister gegenüber DOSSIER bestätigen. Die ÖVP-Kärnten stellt gegenüber der Tageszeitung Der Standard fest: »Der Partner einer Ersatzgemeinderätin steht in keinem Zusammenhang mit der ÖVP Kärnten.«

Beim Treffen der Rechtsextremen wurde nach Recherchen von Correctiv ein »Masterplan« besprochen: die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland und die Etablierung eines »Musterstaats« in Afrika, wo man Menschen »hinbewegen« könne. Die Veranstalter des »Düsseldorfer Forums« hatten das Ziel, bei den Gästen um finanzielle Unterstützung zu werben – die »Mindestspende« für die Teilnahme habe 5.000 Euro betragen.

Die Geschehnisse im Landhaus Adlon führten in vielen deutschen Städten zu Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Als Koproduktion von Berliner Ensemble und Volkstheater Wien landete die Recherche von Correctiv auch auf der Bühne des Berliner Ensembles. Die von Volkstheater-Direktor Kay Voges konzipierte »Szenische Lesung« wurde vergangenen Mittwoch via Livestream ausgestrahlt und ist online abrufbar.