„Gernot Blümel wird als Beschuldigter geführt“ – mit diesem Tweet löste DOSSIER einen medialen Tornado aus. Dass ein amtierender Finanzminister auf der Beschuldigtenliste der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) steht, sorgte für Schlagzeilen auf allen Nachrichtenkanälen.
Am Tag darauf wurde die Causa im Ibiza-Untersuchungsausschuss aufgegriffen. Dort geht es unter anderem um Fragen der mutmaßlichen Käuflichkeit von Mitgliedern der einstigen türkis-blauen Bundesregierung. Die Bombe platzte schließlich am Donnerstag.
Bei Gernot Blümel wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Mögliche Parteispenden des Glücksspielunternehmens Novomatic an die ÖVP sowie der Verdacht der Bestechung und der Bestechlichkeit stehen nun im Raum. Blümel und Vertreter der Novomatic AG weisen alle Vorwürfe zurück.
Dass Blümel mit der Novomatic-Affäre in Verbindung gebracht wird, kommt nicht aus heiterem Himmel. Immerhin sind die Ermittler im Casinos-Verfahren auf brisante Chats aus den Jahren 2018 und 2019 gestoßen, wie aus einem Amtsvermerk des Bundeskriminalamts vom 3. September 2020 hervorgeht. Demnach gab es einen regen Informationsaustausch zwischen Novomatic-Boss Harald Neumann und dem damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel.
So fragte Neumann am 30. Jänner 2018 bei Blümel nach, ob er ein Treffen zwischen Johann Graf und „SK“ arrangieren könne: „Thema Glücksspiel aber auch Casag etc.“ Die Ermittler gehen davon aus, dass die Initialen „SK“ für Sebastian Kurz stehen. Blümel empfahl Neumann, sich direkt an „SK“ zu wenden: „Ich stosse dann nach.“
Am 3. Februar 2018 schrieb Neumann hocherfreut: „Hello, habe den Termin mal eingekippt! Hatte auch ein Gespräch mit Thomas Schmid bezüglich einer Idee für Casag (österreichische Lösung). Würde Dir das auch gerne mitteilen. Möchte Feedback bevor Prof. Graf bei Löger und Kurz seinen Termin hat!“ Blümel war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Bestellen Sie jetzt das neue DOSSIER Mini über Detektive, Schmuggler und Martin Ho
Im neuen DOSSIER Mini warten 100 Seiten investigative Recherche zu brisanten Themen: von dubiosen Überwachungsaktionen gegen eine glücksspielkritische Anwältin über den kriminellen Kältemittelschmuggel in Europa bis hin zur Affäre rund um den Szenegastronomen Martin Ho.
Jetzt zum Preis von 12 Euro
Das Strafverfahren gegen Gernot Blümel und zwei weitere Beschuldigte wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Bestechung geführt. Laut einer Pressemitteilung der WKStA bestehe der Verdacht, „dass ein Verantwortlicher eines Glücksspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe“.
Laut der Tageszeitung Der Standard soll Neumann 2017 in einer Nachricht an Blümel um Vermittlung eines Termins beim damaligen Außenminister und heutigen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gebeten haben, um zwei Themen zu besprechen: erstens eine „Spende“, zweitens ein „Problem in Italien“. Harald Neumann hält über seinen Anwalt fest, dass „es weder von ihm persönlich noch vonseiten der Novomatic AG Spenden an politische Parteien, sohin auch nicht an die ÖVP, gegeben hat“.
Beschleunigt wurde die Ereigniskette durch einen Vorlagebericht des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Jänner 2021, der Gernot Blümel als 20. Beschuldigten in der Causa Casinos-Novomatic führt. Auf derselben Beschuldigtenliste finden sich neben Blümel auch Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sowie Novomatic-Eigentümer Johann Graf, Ex-Novomatic-Vorstand Harald Neumann und Thomas Schmid.
Letzterer ist Alleinvorstand der dem Finanzministerium unterstellten Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG). Die Staatsholding verwaltet etwa die Anteile an den Casinos Austria sowie an den börsenotierten Energieunternehmen OMV und Verbund. Die genannten Personen werden in den Chats genannt. Graf, Löger, Neumann und Schmid haben stets strafbare Handlungen zurückgewiesen. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.