Kosten, Kosten, Kosten!

Die Republik bezahlte hohe Preise für PCR-Tests – mehr als 66 Millionen Euro an Mehrkosten könnten so entstanden sein. Bund und Länder schieben die Verantwortung hin und her.

von Georg Eckelsberger

Aktuelles3.12.2020 

„Testen, testen, testen“, lautete die Devise, die WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus Mitte März 2020 ausgab. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, müssten Staaten, so die Überzeugung des WHO-Chefs, die Zahl der Tests deutlich erhöhen. Die Botschaft kam auch in Österreich an. Sukzessive wird seither mehr und mehr getestet.

Nun stehen sogar Massentests im gesamten Bundesgebiet an. Zum Einsatz kommen dabei sogenannte Antigentests, eine einfache und schnelle Methode, um herauszufinden, ob eine Covid-19-Infektion vorliegt. Zwar sind Antigentests nicht die verlässlichste Methode, dafür sind sie günstiger als andere Testarten. Eigentlich.

Denn wie Ö1 jüngst berichtete, dürfte die Republik dafür zu viel bezahlt haben. Rund 67 Millionen Euro hat der Bund für zehn Millionen Stück Antigen-Schnelltests ausgegeben. Die Slowakei schaffte genauso viele Tests an. Kostenpunkt: nur rund 40 Millionen.

Doch die Kosten für die Antigentests sind erst der Anfang.

DOSSIER-Recherchen legen nahe, dass die Republik seit Ausbruch der Pandemie auch für die wesentlich aufwendigeren, dafür genaueren PCR-Tests, den „Goldstandard“ unter den Corona-Tests, deutlich zu viel bezahlt hat. Das zeigt der Vergleich mit Deutschland.

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Dort hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Kostenersatz für PCR-Tests für die öffentliche Hand per Verordnung mit 50,50 Euro deckeln lassen, und zwar bereits am 8. Juni 2020 und rückwirkend bis zum 14. Mai 2020. Wie DOSSIER vorliegende Angebote zeigen, geht es in anderen Ländern noch günstiger: 30 Euro etwa kostet die Auswertung in einem großen Labor in Italien, um die 20 Euro in Ungarn. In Österreich übernimmt das Gesundheitsministerium für PCR-Tests Kosten in der Höhe von bis zu 85 Euro.

Diese Summe legte das Ministerium als „Kostenobergrenze“ für PCR-Tests fest, die von den Bundesländern durchgeführt wurden. Laut Paragraf 36 Epidemiegesetz können die Länder die Kosten für behördlich angeordnete PCR-Tests dem Bund rückverrechnen. Dabei dürften diese den Rahmen zumindest in den ersten sechs Monaten weitgehend ausgenutzt haben.

Föderale Preisblüten

Denn Österreichs Föderalismus treibt seine Blüten. So schrieb das Burgenland PCR-Tests aus und vergab am 25. März 2020 einen Auftrag über 4.862 Tests im Wert von rund 340.000 Euro an die Medizinische Universität Graz. Durchschnittspreis: 70 Euro.

Zum Vergleich: Die Steiermark bezahlt mehr und „orientiert sich bei den für behördlich angeordnete PCR-Tests gezahlten Beträgen naturgemäß an dem vom Bundesministerium österreichweit vorgegebenen Kostenrahmen“, also 85 Euro, wie es auf Anfrage heißt. Auch ein Sprecher von Wiens Gesundheitsstadtrat hält auf Fragen nach den Testkosten nur fest: „Für die Auswertung eines behördlichen PCR-Tests hat das Gesundheitsministerium einen Kostenersatz von 85 Euro pro Test festgelegt.“

Dass dieser Kostenrahmen ausgenutzt wird, dafür sieht man im Gesundheitsministerium die Bundesländer in der Verantwortung, „die sicherstellen müssen, die jeweils effizientesten Angebote zu nutzen“. Soll heißen: Die Länder hätten den Rahmen ja nicht ausreizen müssen.

Hochrechnung: 66 Millionen Euro Mehrkosten

Laut Gesundheitsministerium wurden bis Ende August 453.500 Tests abgerechnet. 37,4 Millionen Euro bezahlte der Bund dafür an die Länder – ergibt einen Durchschnittspreis von 82,47 Euro pro Test. Im September 2020 wurden laut Ministerium weitere 128.866 Tests abgerechnet. Bei dieser Tranche lag der Durchschnittspreis laut Ministerium bei 68,99 Euro. Im Schnitt ergeben sich daraus Testkosten von je 79,49 Euro für die ersten 582.366 Tests.

Doch das ist nur ein kleiner Teil der bisher durchgeführten Tests. Wie hoch die Kosten insgesamt ausfallen werden, lässt sich derzeit nicht sagen, da das Gesundheitsministerium nicht zentral erfasst, wie viele PCR-Tests bisher behördlich angeordnet wurden und folglich vom Bund bezahlt werden.

DOSSIER hat daher bei allen Bundesländern nachgefragt, um sich der Zahl anzunähern.

Rund 2,3 Millionen behördlich angeordnete PCR-Tests wurden laut Auskunft der Länder durchgeführt. Gezählt wurde in manchen Ländern bis zum Stichtag Ende Oktober, in anderen bis Mitte November – die Zahl dürfte mittlerweile also deutlich höher sein. Zumindest für diese 2,3 Millionen Tests lassen sich die Kosten schätzen: Eine Hochrechnung auf Basis der durchschnittlichen Kosten von 79,49 Euro ergibt rund 182 Millionen Euro.

Die Dimension wird im Vergleich mit Deutschland deutlich: Hätte auch Österreich um den in Deutschland festgelegten Preis von 50,50 Euro getestet, hätte man nur rund 116 Millionen Euro ausgegeben. Die Ersparnis: mehr als 66 Millionen Euro. Dafür hätte man den ersten großen Antigen-Massentest in Österreich bezahlen können – auch zu überteuerten Preisen.


Mehr zu hohen Kosten für PCR- und Antigentests sehen Sie in der aktuellen Folge von Gute Nacht Österreich (ORF).