Fotocredit: Ashwien Sankholkar
In der Ärztekammer-Affäre Equip4Ordi wurde bislang wegen Untreue und Begünstigung ermittelt. Nun wurde die Verdachtslage laut der DOSSIER vorliegenden »Anordnung der Durchsuchung« vom 27. März 2023 auf »das Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Absatz 3 StGB« ausgeweitet. Die Razzia fand im Kammergebäude in der Wiener Weihburggasse statt.
Die Ermittler interessieren vor allem die einem Ex-Ärztekammer-Manager zuordenbaren Laufwerke am Server der Ärztekammer sowie Datenträger, die der Staatsanwaltschaft bisher verheimlicht wurden. »Sämtliche physische Unterlagen und Daten« sowie »sämtliche verwendete Datenträger« seien sicherzustellen, aber auch »E-Mail-Postfächer von Assistenz- oder Sekretariatskräften", heißt es laut Durchsuchungsanordnung.
»Aus politischen Gründen verweigere die Ärztekammer derzeit den mit der Aufklärung beauftragten Personen den Zugang zu diesen Laufwerken/Geräten«, schreibt Staatsanwältin Cindy Höller in der Anordnung. »Der Kammeramtsdirektor soll gesagt haben, ›Das geben wir sicher nicht her‹. Nachdem aktuell vonseiten des Präsidenten und seiner politischen Unterstützer eine organisierte ›Vertuschungsaktion‹ laufe, bei der ab dem 29. März 2023 die Aufklärer aus ihren Positionen entfernt werden sollen«, so steht es in der Anordnung, sei Feuer am Dach. Mit Aufklärer ist der amtierende Kurienobmann Erik Huber gemeint.
Eine Gruppe rund um Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart will Huber mit allen Mitteln loswerden. Nach Hubers Absetzung sollen »alle Untersuchungen eingestellt« und sogar »eine der tatverdächtigen Personen wieder in ihre Position eingesetzt werden«, heißt es in der Anordnung. Aus diesem Grund bestehe »die akute Gefahr, dass in Kürze weitere Beweismittel vernichtet oder unzugänglich gemacht werden«.
Zur Erinnerung: Am 29. März ist eine außerordentliche Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzt·innen angesetzt. Der Misstrauenantrag gegen den amtierenden Kurienobmann könnte Folgen haben, wie DOSSIER berichtete: Wer gegen Erik Huber stimmt, der weckt automatisch das Interesse der Justiz. Denn die Beteiligung an einer mutmasslichen »Vertuschungsaktion« ist kein Kavaliersdelikt, heißt es.
Neuer Betrugsverdacht
Offenbar wurden die Ermittlungen wegen eines neuen Faktums ausgeweitet: »Aufgrund einer nunmehr eingelangten Sachverhaltsdarstellung der CS Diagnostics GmbH vom 20. März 2023 besteht auch der Verdacht (des Betrugs, Anm.) im Zusammenhang mit der Gewährung eines Kredits in der Höhe von einer Million Euro an CS Diagnostics GmbH.«
Dabei geht es um ein Geschäft, an dem der Wiener Gesundheitsverbund (WGV) beteiligt gewesen war. Ein beschuldigter Equip4Ordi-Manager habe sich »fälschlicherweise und wiederholt als Bevollmächtigter des WGV ausgegeben«, berichtet das Nachrichtenmagazin Profil. StA-Wien-Sprecherin Judith Ziska bestätigt gegenüber DOSSIER: »Die neue Strafanzeige wird geprüft.«
In einer Rundmail vom 27. März 2023 gegenüber der Wiener Ärzteschaft hält Steinhart fest: »Ich möchte betonen, dass ich voll und ganz zur lückenlosen Aufklärung der erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit der Equip4Ordi GmbH durch die untersuchende Behörde stehe.« Schönheitsfehler der Steinhart-Mail: Dass die »Ärztekammer für Wien vollinhaltlich mit der Staatsanwaltschaft Wien kooperiert«, deckt sich nicht mit dem Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Anordnung.